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„Wo ist das Geld?“ – Ungarns Ministerpräsident kritisiert EU-Haushaltspolitik   
EU-Finanzen

„Wo ist das Geld?“ – Ungarns Ministerpräsident kritisiert EU-Haushaltspolitik   

Foto: Pixabay/Ralph

Die EU fordert von ihren Mitgliedern mehrere Milliarden Euro für den Haushalt. Ungarns Ministerpräsident Orbán stellt in einem Interview dazu Fragen und will kein Geld mehr für den Krieg in der Ukraine ausgeben.

„Wo ist das ganze Geld hin? Wie konnte die EU an den Rand des Bankrotts geraten? Brüssel will, dass wir der Ukraine weitere 50 Milliarden Euro geben, während sie nicht einmal über die 70 Milliarden Rechenschaft ablegen können.“ So empörte sich Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán am Freitagmorgen vor den EU-Haushaltsberatungen in einem Interview mit dem ungarischen Rundfunksender Kossuth-Rádio. So viel Geld habe die EU in den letzten 16 Monaten für den Ukraine-Krieg gegeben. 

Vor dreieinhalb Jahren hätten sich die Mitgliedsstaaten darauf geeinigt, dass das EU-Budget für sieben Jahre nicht angehoben wird. Der jährliche Haushaltsplan der EU ist in einen mehrjährigen Finanzrahmen eingebunden, damit wird die Höhe der Einnahmen und Ausgaben verbindlich festgelegt. „Wir sind bei der Hälfte des siebenjährigen Finanzrahmens. Die Kommission bittet die Mitglieder, weitere Milliarden von Euro einzuzahlen“, so der ungarische Ministerpräsident. „Wo ist das Geld? Wie konnte es dazu kommen?“

Ungarn könne nicht akzeptieren, dass die Preissenkung für private Haushalte wegen der Energiekrise und der Sanktionen gegen Russland ausgesetzt werden sollen, betonte Orbán. Budapest hatte Preisobergrenzen für Energie eingeführt, um die Familien zu entlasten. Ein EU-Dokument fordert die ungarische Regierung auf, diese Preissenkungen auszusetzen. 

Ukraine als Fass ohne Boden?

„Und natürlich haben sie auch ihre eigenen Taschen nicht vergessen“, so Orbán weiter. „Sie bitten uns um Milliarden von Euro, um die Gehälter der Brüsseler Bürokraten zu erhöhen. Die Ungarn zu Hause sollen also weniger Geld bekommen, dafür müssen sie nach Brüssel mehr Geld zahlen.

Zusätzliche 50 Milliarden Euro sollen nach dem Willen der EU-Kommission an die Ukraine gehen. „Wir wissen aber nicht, wofür die bisherigen etwa 70 Milliarden ausgegeben wurden und warum sie nicht gereicht haben“, stellte Orbán fest. „Wenn wir in anderthalb Jahren 70 Milliarden gegeben haben, was in sich schon ein ziemlich großes Problem ist, wie werden dann 50 Milliarden für die nächsten Jahre reichen?“ 

Der Ministerpräsident fragte außerdem: „Aber bringt uns diese Unterstützung näher zum Frieden?“ Der Westen halte das für den richtigen Weg. „Die Mehrheit sagt, was wir bis jetzt gemacht haben, das ist gut. Sie denken, dass die ukrainischen Soldaten kämpfen, wir geben Geld und Mittel und so können die Russen besiegt werden. Sie sagen das auch so offen.“ 

Aus seiner Sicht ist das Ergebnis nach anderthalb Jahre „Null – sogar negativ. Wir haben Russland nicht besiegt. Die russische Führung ist an ihrem Platz geblieben, die russische Wirtschaft bedankt sich, es gehe ihr gut. Wir dagegen leiden unter hoher Inflation, haben kein Geld mehr, die Ukrainer zu unterstützen. Auch die ukrainische Gegenoffensive ist äußerst fraglich.“

Jedes Mittel für Frieden nutzen

Für Orbán sind Waffenstillstand und Friedensverhandlungen das Gebot der Vernunft. „Jedes Mittel muss dazu genutzt werden: nicht für die Fortsetzung des Krieges.“ Jeder Staatsführer sollte sich darum kümmern, den eigenen Bürgerinnen und Bürgern zu helfen. „Wir geben der Ukraine kein Geld mehr, solange uns nicht gesagt wird, wo die 70 Milliarden sind.“ 

Im Interview ging der Ministerpräsident noch auf weitere Finanzprobleme der EU ein. Deren Forderung, mehr Geld für die erhöhten Kreditzinsen zu zahlen, wovon Ungarn und Polen nie etwas erhalten hätten, hält er für „lächerlich, absurd und unmöglich“. Und fügte hinzu: „Wir sind an der Grenze unserer Kapazität.“

Das Risiko sei nicht nur, dass das vorhandene Geld für schlechte Zwecke ausgeben wird. „Sondern nachdem das Geld alle ist, nehmen sie neue Kredite auf, um das auch für schlechte Ziele auszugeben“, kritisierte Orbán und warnte: „Die EU-Bürger werden so in eine langfristige Schuldfalle getrieben.“ 

Am Donnerstagabend blockierten Ungarn und Polen Medienberichten zufolge die weitreichende Reform des europäischen Asylsystems, die vor kurzem auf einem EU-Innenministertreffen mehrheitlich beschlossen wurde. Der Ministerpräsident nannte die „Migrantenschlacht“ bei der EU-Gipfel heftig. Allerdings halte er das für einen Nebenschauplatz: „In Brüssel bereiten sich auf die Diskussion über den Haushalt vor“, so Orbán im Radio. „Sie wetzen die Messer.“ Die EU wolle mehr Geld für die Migration, aber nicht, um die Grenzen zu schützen, sondern um mehr Migranten hereinzulassen, empörte sich Orbán.

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