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Razzia bei der Adler Group – auch Scholz in den Fall verwickelt
Immobilienkonzern

Razzia bei der Adler Group – auch Scholz in den Fall verwickelt

Hauskauf

Foto: Pixabay/Gerd Altmann

Beamte der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main haben in dieser Woche Büros des hochdefizitären Immobilienkonzerns Adler durchsucht. Der Fall weist Parallelen zu dem Wirecard-Skandal auf.

Beamte der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main und des Bundeskriminalamts haben in der abgelaufenen Woche Büros des Immobilienkonzerns Adler Group bzw. von dessen Tochter Adler Real Estate durchsucht. Der Vorwurf lautet Falschbilanzierung, Marktmanipulation und Untreue. Den Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge waren insgesamt 21 Objekte in Berlin, Düsseldorf, Köln und Erftstadt sowie in Österreich, den Niederlanden, Portugal, Monaco, Luxemburg und Großbritannien betroffen – darunter Geschäftsräume, Wohnungen und eine Rechtsanwaltskanzlei. Rund 175 Beamte waren im Einsatz.

Bei den Beschuldigten soll es sich um deutsche, österreichische und englische Staatsangehörige zwischen 38 und 66 Jahren handeln. Ihnen wird vorgeworfen, in ihrer Funktion als (ehemalige) Vorstände des Immobilienkonzerns von 2018 bis 2020 „die Bilanzen des Unternehmens unrichtig dargestellt oder hierzu Beihilfe geleistet zu haben“. Derweil hat sich die Adler Group hinter ihren Rechtsvorstand Sven-Christian Frank gestellt. Gegen ihn wird ebenfalls ermittelt.

Aus Fusion entstanden

Bei der Adler Group handelt es sich um einen Wohnungskonzern, der 2020 aus der Fusion der Immobilienunternehmen Ado Properties, Consus Real Estate und Adler Real Estate entstanden ist. Mit fast 70.000 Wohneinheiten vor allem in Großstädten zählte Adler Ende 2020 zu den sechs größten Immobilienkonzernen Deutschlands. Allerdings ist das Unternehmen hochdefizitär. 2022 bezifferte sich der Verlust auf 1,67 Milliarden Euro, nach einem Minus von 1,17 Milliarden Euro ein Jahr zuvor. Um die Fehlbeträge zu decken, ist der Konzern gezwungen, Wohnungen zu verkaufen, so dass der Wohnungsbestand inzwischen auf nur noch rund 26.000 Einheiten geschrumpft ist. Der größte Teil davon befindet sich in Berlin.

Das Besondere an Adler ist, dass der Konzern nicht nur große Wohnungsbestände hält, sondern quer durch die Republik auch Großbaustellen betreibt und Prestigeobjekte entwickelt, und dass es hier fast überall zu Verzögerungen, mutmaßlichen Falschbewertungen und anderen Ungereimtheiten gekommen ist. Einige Beispiele sind der „Schwabenlandtower“ in Fellbach, der „Steglitzer Kreisel“ in Berlin und die „New Frankfurt Towers“ in Offenbach am Main. Die aktuellen Ermittlungen, teilte Adler mit, beträfen ein „Immobilienprojekt in Düsseldorf-Gerresheim und dessen bilanzielle Behandlung sowie Zahlungen zu zwei Beraterverträgen mit einem der Beschuldigten“.

Parallelen zu Wirecard

Bemerkenswert an dem Fall Adler ist zudem, dass es einige Parallelen zum Wirecard-Skandal gibt. Der Zahlungsdienstleister und ehemalige Dax-Konzern ging 2020 pleite, nachdem in der Bilanz ein Loch von 1,9 Milliarden Euro aufgetaucht worden war. Angeblich auf Treuhandkonten verbuchte Gelder hatten sich als nicht existent erwiesen. Sowohl bei Wirecard als auch jetzt bei Adler war es der britische Finanzinvestor Fraser Perring, der als Erster die Missstände aufdeckte und nicht etwa die eigentlich dafür zuständigen Wirtschaftsprüfer und Finanzaufseher.

Und wie schon bei Wirecard ist auch Bundeskanzler Olaf Scholz in den Fall verwickelt. Dieses Mal jedoch nicht als Bundesfinanzminister, sondern noch in seiner Funktion als Erster Bürgermeister Hamburgs. Unter seiner Ägide hatte die Stadt Hamburg entschieden, dass auf dem ehemaligen Gelände der Holsten-Brauerei in Hamburg-Altona neue Wohnungen entstehen sollten. Geplant waren knapp 1.300 Einheiten. Die Stadt Hamburg hatte jedoch 2016 auf Scholz’ Betreiben hin darauf verzichtet, ihr Vorkaufsrecht für das Grundstück auszuüben – zu Gunsten des Holsten-Eigentümers, dem Brauereikonzern Carlsberg. Das Gelände gelangte somit auf den freien Markt und landete 2020 schließlich bei der Adler Group. Dort stand es dann 2022 mit 328 Millionen Euro in den Büchern. Damit hatte sich der Wert seit 2016 verfünffacht. Eine Wohnung jedoch ist dort bislang nicht entstanden. Das Gelände ist immer noch eine Brache. Kritiker halten dies für einen klaren Fall von Bodenspekulation und machen Scholz für das Desaster mitverantwortlich.

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