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Prozess gegen Berliner Polizisten Dominik H. vertagt
Gericht

Prozess gegen Berliner Polizisten Dominik H. vertagt

Der Beamte Dominik H. gehört einer Einsatzhundertschaft der Berliner Polizei an und muss wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung vor Gericht. Er soll am 21. April 2021 in Berlin ohne erkennbaren Grund einem Teilnehmer einer Demonstration gegen die Grundrechtseinschränkungen mit seiner Pfefferspraydose gegen den Kopf geschlagen und ihm danach Pfefferspray ins Gesicht gesprüht haben. Das führte zu einer medizinischen Notfallsituation bei dem über 60-jährigen Demonstranten. Eine Videoaufnahme, die diesen Vorfall zeigt, ist mittlerweile breit bekannt geworden.

Am 9. März fand um 10 Uhr der erste öffentliche Verhandlungstermin vor dem Amtsgericht Berlin in der Kirchstraße statt. Das öffentliche Interesse war groß – viel zu groß allerdings für den Saal 1101, in dem verhandelt werden sollte. Dieser bot Platz für etwa acht bis zehn Zuhörer, so teilte ein Justizwachtmeister mit. Dem gegenüber standen mindestens 60 Personen, darunter auch diverse Vertreter alternativer Medien, die den Prozess beobachten wollten. Entsprechend groß war der Andrang im Wartebereich. Es kam immer wieder zu Zurechtweisungen durch Justizwachtmeister und den vorsitzenden Richter, weil Wege durch Wartende zum Teil blockiert waren. Anwesend waren außerdem zwei unmittelbare Zeugen des Vorfalls: Der Kameramann, der das Video vom Tatgeschehen gefilmt hatte und ein Rechtsanwalt aus Frankfurt am Main, Beide waren jedoch als Zeugen zum Prozess nicht geladen worden.

Gegen 9.20 Uhr begannen im Saal „Vorgespräche“ unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Das führte zu weiterem Unmut, weil einige Wartende fälschlicherweise einen Verstoß gegen das Öffentlichkeitsprinzip annahmen.Etwa 20 Minuten später traten der Nebenklagevertreter und der vorsitzenden Richter zu den Wartenden und eröffneten, dass heute keine Verhandlung mehr stattfinden würde. Es hätten sich neue Rechtsfragen ergeben und möglicherweise würde ein Gutachten erforderlich werden. Ein neuer Verhandlungstermin könnte für „Herbst“ angesetzt werden, so der Richter auf Nachfrage. Mehrere Anwesende brachen daraufhin in bitteres Gelächter aus, andere schimpften: Die Tat wird dann bereits zweieinhalb Jahre her sein.

Der Rechtsanwalt des Nebenklägers, Stefan Koslowski, teilte im Nachgang zu diesem Gerichtstermin mit, dass die Absprache zur Vertagung aus prozessualer Sicht sinnvoll sei, weil er selbst erst vor wenigen Tagen überhaupt Akteneinsicht erhalten hat und dadurch wichtige Anträge gar nicht stellen konnte. Neue Erkenntnisse, die sich in der Zeit bis zu einem neuen Termin ergeben, könnten dazu führen, dass wegen des Vorwurfs der schweren Körperverletzung in neuer Zuständigkeit vor einem Schöffengericht am Landgericht verhandelt werden müsse. RA Koslowski betonte dabei, dass es sich bei dieser organisatorischen Verzögerung nicht um ein Verschulden des Gerichts gehandelt habe.

Paula Rosenthal ist Journalistin. Ihre Schwerpunkte sind Innere Sicherheit, Justiz und Gesellschaft.

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