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Klar kann das weg
Lew Schütz

Klar kann das weg

Foto: Pexels, Anete Lusina
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Diese verzweifelt notwendige Zeitung heißt Schwarz auf Weiß. Einen begeisterten Leser und Mythomanen erinnert es an das berühmte Elsterngleichnis mit dem Wolfram von Eschenbach seinen Parzival beginnen lässt:

Geziert ist und zugleich entstellt,

Wo Unlautres sich gesellt

Zu des kühnen Mannes Preis

Wie bei der Elster Schwarz zu Weiß.

Doch oft gelangt er noch zum Heil,

Denn beide haben an ihm Theil,

Der Himmel und der Hölle Schlund.

Zum schwarzweißen Muster des Gut und Böse hat sich längst eine kosmische Urgewalt gesellt, die es überdeckt. Es handelt sich um die arglos-agile zutrauliche Dummheit. Weder schwarz noch weiß und keine Farbe ist ihr eigen, sondern eine undefinierbare Mische. Die Maler nennen es Palettenscheps, den buntgrauen Dreck, der sich zwischen den Ausmischungen der Farbe überall auf der Palette ausbreitet und mit dem kein koloristischer Erkenntnisgewinn mehr zu erlangen ist. Da hilft nur noch Wegputzen und neue Farbe aufsetzen.

Das Argumentieren der oder des liebenswürdigen Dummgewitzten, zumeist eines Akademikers, verläuft immer gleich. Einer Angelegenheit wird erst ihre Substanz wegdiskutiert und durch Begriffe ersetzt. Daraufhin wird fortan nur noch Substanzloses und Begriffliches auf diesem Gebiet zugelassen, um schließlich mangelnde Substanz zu diagnostizieren und den Vorhang vor der leeren Szene zu senken. Das ist kein Kalkül, sondern reine Mechanik. Eine Art gedankliche Vakuumtechnik.

Kennzeichnend für den Typus ist vollkommene Lieb- und Leidenschaftslosigkeit bei großer persönlicher Liebenswürdigkeit, zuweilen Harmlosigkeit, oft auch Gewitztheit. Man höre einfach eine Weile im Deutschlandfunk Sendungsformate wie „Büchermarkt“, „Kultur heute“, „fazit“ oder die Kultursendungen der Länderprogramme. Protagonistinnen heißen Antje Allroggen, Wiebke Porombka oder auch Wolfgang Ullrich. Letztere Kunsthistorikerin hat ein luzides Buch über „Siegerkunst“ publiziert, in dem er die Machwerkhaftigkeit und kunstferne Statussymbolik dessen entlarvt hat, was heute als bedeutende zeitgenössische Kunst propagiert wird.

Aber auch sie hat die angelsächsische Objektivität verinnerlicht, die philosophisch und rhetorisch über spiegelglatte Benutzeroberflächen schlittert, weil sie in der eigenen Persönlichkeit keinen Knacks aufweist, der irgendwo notwendig im behandelten Thema einhakt. Diese Gedankenwelt ist glattrasiert wie ein Säuglingspopo.

Im stylishen Magazin eines Landeskünstlerverbandes hat die Dr. Ullrich sich nun über „Die Nachhaltigkeit der Einbildungskraft“ vernehmen lassen. Im gleichnamigen Kurzessay ist die Rede von ihrem „Freiheitsprivileg“, welches die Kunst hat „in Rückstand geraten“ lassen „gegenüber anderen Bereichen, in denen Artefakte produziert werden, vor allem gegenüber der industriellen Konsumkultur, in der schon seit ein bis zwei Jahrzehnten mit viel Ehrgeiz und Energie daran gearbeitet wird, Produkte herzustellen und zu vertreiben, die ökologischer, fairer oder sozialer sind als bisher“. Der Künstler wird sich ein wenig fühlen wie die Angehörigen ermordeter politischer Häftlinge, die dem Terrorstaat nun die Bestattungskosten für ihren Liebsten schulden, dessen Grabstelle sie nicht einmal mitgeteilt bekommen. Der militärisch industrielle Kulturkomplex hat das Künstlermilieu in den letzten Jahrzehnten mit ihrem freudo-marxistischen Giftgasangriff zu einem blutigen Klumpen zusammengeätzt, der anschließend in Kunststoff laminiert wurde und nach ausgiebiger Betrachtung und Taxierung nun endlich auch weggeräumt wird. Gut. Ich möchte Ullrichs These dahingehend konsequent erweitern, dass die Künstler, die unser System der repressiven Toleranz auf dem Plan gelassen hat, überhaupt Atmung und Stoffwechsel einstellen sollten.

Und auch die zugehörigen Philosophen und Kunsthistoriker mit ihrer verhängnisvollen Mischung aus anspruchsvoller Dummheit und Superklugheit werden bald komplett durch intelligible Roboter ersetzt werden können, die ja inzwischen bereits in der Lage sind, kakotristische Plattitüden wie jene von Ernest Hemingway beliebig zu reproduzieren, wenn auch immer noch mit kleinen Brüchen beim Metapherngegaukel.

Nein, das ist keine Kunst.
Klar kann das weg.

Lew Schütz ist studierter Kunstwissenschaftler und Kultursoziologe, der drei Jahrzehnte im Kulturamt einer großen Kreisstadt in Deutschland gearbeitet hat.

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