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Warenhäuser insolvent – kommt jetzt die große Pleitewelle?
Wirtschaftskrise

Warenhäuser insolvent – kommt jetzt die große Pleitewelle?

Schmutzige Absperrung

Stockbild:

Pexels
• Engin Akyurt

Galeria Karstadt Kaufhof ist pleite. Der Warenhauskonzern will nun weitere 47 seiner verbliebenen 129 Warenhäuser schließen. Das gab das Unternehmen in der vergangenen Woche bekannt. Kurz zuvor meldete der Modehändler Peek & Cloppenburg (P&C) Insolvenz an. Die Kette mit 67 Filialen begründete den Schritt unter anderem damit, dass die Schließungen in der Corona-Zeit einen dreistelligen Millionenverlust verursacht hätten. Sind dies nur weitere Einzelfälle, oder kündigt sich hier nun doch die Pleitewelle an, die während der Corona-Krise ausgeblieben ist?

Um eben jene Pleitewelle zu verhindern, hatte die Bundesregierung von März 2020 bis Mai 2021 die Pflicht, einen Insolvenzantrag zu stellen, ausgesetzt. Später gab es dann noch Ausnahmen für Betriebe, die im Sommer 2021 von der Flutkatastrophe im Westen Deutschlands betroffen waren. Ferner wurden bis Ende November 2021 im Rahmen der Corona-Hilfen rund 57 Milliarden Euro als Zuschüsse ausbezahlt, hinzu kamen rückzahlbare Hilfen im Rahmen von Kredit-, Bürgschafts- und Beteiligungsprogrammen im Volumen von fast 70 Milliarden Euro. All dies führte zu der paradoxen Situation, dass trotz des Wirtschaftseinbruchs infolge der Corona-Maßnahmen die Zahl der Insolvenzen weiter zurückging. Im Jahr 2021 gab es mit knapp 14.000 Fällen sogar so wenige Pleiten wie nie seit Einführung der aktuellen Insolvenzordnung 1999.

Im vergangenen Jahr jedoch hat sich dieser Trend umgekehrt. Wie das Statistische Bundesamt nun mitteilte, stieg die Zahl der Insolvenzen in Deutschland 2022 um 4,3 Prozent auf 14.590. Das war der erste Anstieg seit der Finanzkrise 2009. Als Hauptursachen gelten die steigenden Energiekosten, gestörte Lieferketten und die hohe Inflation. Prominente Fälle waren neben Galeria Karstadt Kaufhof der Autozulieferer Borgers und die MV Werften.

Nicht überlebensfähige Strukturen

Auch in diesem Jahr dürfte der Aufwärtstrend anhalten. Nach einer Analyse des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) sollen die Unternehmensinsolvenzen 2023 um rund zwölf Prozent auf 16.300 steigen. Mittelfristig könnten es sogar 23.000 Firmenpleiten pro Jahr werden. Das klingt zwar nach viel, liegt aber nach wie vor im langfristigen Rahmen. Nur zum Vergleich: Den bisherigen Rekord gab es in der Finanzkrise 2009 mit rund 33.000 Pleiten. Der Berufsverband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) bezeichnete die aktuelle Entwicklung denn auch als einen „Schritt in Richtung Normalisierung des Insolvenzgeschehens und weit weg von einer Insolvenzwelle“.

Gleichwohl bleibt das Insolvenzgeschehen gedeckelt. So hat die Bundesregierung im Rahmen der Energiekrise den Unternehmen erneut umfangreiche Hilfen zugesagt, unter anderem soll der als „Doppel-Wumms“ bezeichnete 200 Milliarden Euro teure Abwehrschirm gegen steigende Energiepreise sowohl Verbraucher als auch Unternehmen entlasten. All die Maßnahmen bergen jedoch die Gefahr, dass Strukturen aufrechterhalten werden, die in normalen Zeiten nicht überlebensfähig wären. So durchlief Galeria Karstadt Kaufhof bereits 2020 ein Insolvenzverfahren, rund zwei Milliarden Schulden wurden erlassen. Danach erhielt Galeria insgesamt 680 Millionen Euro aus dem in der Corona-Krise eigens aufgelegten Wirtschaftsstabilisierungsfonds. Ohne Erfolg. Im Oktober 2022 musste der Konzern erneut Insolvenz anmelden.

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