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Polnischer Plan: Bündnis mit Rumänien und der Ukraine
Osteuropa

Polnischer Plan: Bündnis mit Rumänien und der Ukraine

Warschau

Foto: Pexels, Skitterphoto

Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki drückte seine Hoffnung auf eine neue Wirtschaftsgemeinschaft mit Rumänien und der Ukraine aus. Er reaktiviert damit polnische Expansionspläne in der Tradition des Intermarium-Konzeptes.

Morawiecki kritisierte, „dass die mächtigen westlichen Länder die Region jahrelang untergraben“ hätten. Ihm zufolge nutzen die stärkeren Länder des Westens und Ostens die Staaten in der Region, und der Westen gebrauche diesen Raum für seine eigenen Ziele, nachdem die Länder nach dem Fall des Kommunismus zum ersten Mal zum Kapitalismus übergegangen waren.

Polnisch-rumänische Kooperation

Bei polnisch-rumänischen Regierungskonsultationen in Bukarest betonte Morawiecki, dass die Zusammenarbeit zwischen Polen und Rumänien entscheidend sei, um der Stimme der Region mehr Gehör zu verschaffen. „Wir können die Europäische Union nicht als diejenigen betrachten, auf die wir immer hören müssen und die immer die beste Lösung haben müssen, die im Koffer nach Bukarest oder Warschau transportiert wird“, betonte Morawiecki, wie der öffentlich-rechtliche Sender TVP berichtete. Er lobte auch seinen rumänischen Amtskollegen Nicolai Cuc und den rumänischen Präsidenten Klaus Iohannis für die Verfolgung einer Politik, die auf „Kohäsion, Synergie und Effizienz zwischen den beiden Ländern“ abziele.

Zuvor hatte Morawiecki in einer Rede an der Universität Heidelberg seine Vision von der Zukunft Europas vorgestellt: Ein zentralisiertes Europa müsse scheitern: „Nichts wird die Freiheit der Nationen, ihre kulturelle, soziale, wirtschaftliche, politische und militärische Sicherheit besser schützen als Nationalstaaten“, sagte Morawiecki und fügte hinzu, dass „andere Systeme illusorisch oder utopisch sind“.

Intermarium-Konzept

Nun schlug Morawiecki vor, dass Polen und Rumänien eine Zusammenarbeit mit der Ukraine entwickeln sollten, die dazu beitragen würde, Investitionen und militärstrategische Pläne für die Zukunft zu verbessern und die Schaffung „einer neuen Wirtschaftsgemeinschaft in der mittel- und osteuropäischen Region“ zu ermöglichen.

Morawiecki knüpft damit an alte polnische Expansionspläne des polnischen Gerneral Jozef Pilsudski an, der Polen von 1926 bis 1935 diktatorisch regierte und der eine Konföderation der Staaten im Raum zwischen der Ostsee und dem Schwarzen Meer unter polnischer Führung propagierte. Die polnische Bezeichnung für dieses Projekt ist Międzymorze, was wörtlich mit „Zwischenmeer“ oder auf Lateinisch mit „Intermarium“ übersetzt wird. Dieses Konzept beschwört die imperiale Vergangenheit der polnisch-litauischen Union, die ab 1385 etwa 400 Jahre lang die Region dominierte und auch große Teile der heutigen Ukraine umfasste.

Perspektiven und Fallstricke

Im vergangenen Jahr hatte es wiederholt Aussagen aus Polen gegeben, die auf eine Ausweitung des polnischen Einflusses in der Ukraine hinauslaufen. Vorschläge einer Konföderation wurden ventiliert, auch Gedanken einer Teilung der Ukraine geäußert. Polnische Söldner spielen in der ukrainischen Armee eine wichtige Rolle und polnische Staatsbürger sind in der Ukraine den Einheimischen de facto gleichgestellt.

Gleichzeitig haben all diese Konzepte auch verschiedene Fallstricke. Historisch hat das Pilsudski-Regime nicht nur die deutsche Minderheit in Polen unterdrückt, sondern auch die ukrainische. Während der NS-Besatzung wiederum kam es in der Westukraine zu brutalen Massakern der ukrainischen Nationalisten von Stephan Bandera auch gegen die polnische Volksgruppe.

Da die Bandera-Nachfolger heute in der Ukraine den Ton angeben, kann das mit dem polnischen Nationalismus zu Friktionen führen. Darüber hinaus würde sich die Frage stellen, ob es sich um eine gleichberechtigte Föderation von Polen, der Ukraine und Rumäniens handeln würde oder ob Polen de facto seine traditionellen Ostgebiete annektieren möchte. Und auch wenn die Westukraine vom Krieg vergleichsweise wenig betroffen ist, wäre ein Zusammengehen mit diesen Gebieten für Polen und Rumänien wohl auch eine wirtschaftliche und finanzielle Herausforderung.

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