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Immer wieder montags
Demonstrationen

Immer wieder montags

Die Ruhe vor dem Montagspaziergang.

Die Montagsspaziergänge haben auch in Bochum eine über zwei Jahre lange Tradition. Mit den Corona-Maßnahmen begannen die Bürger für ihre Rechte auf die Straße zu gehen. Doch mittlerweile sind weitere Themen hinzugekommen.

Pfingstmontag um 18 Uhr versammeln sich ungefähr 75 Personen vor dem Rathaus in Bochum. Die Veranstaltung hat einen familiären Charakter. Schließlich gehen die Bochumer schon lange für ihre Rechte auf die Straße. Die schnell wachsenden Teilnehmerzahlen bei den Montagspaziergängen hatten in Bochum ihren Höhepunkt kurz vor der geplanten Einführung einer Impfpflicht, im Winter/Frühjahr 2022 mit über 800 Teilnehmern. Geprägt von der Angst, ungeimpft das Leben und die Arbeit nicht mehr organisieren zu können oder ausgegrenzt zu bleiben, trafen sich die Menschen, um zu zeigen, dass es viele gibt, die mit den Maßnahmen nicht einverstanden sind. Durch die sich fast täglich verschärfenden Regeln der Regierung hatten sich die Spaziergänge im Winter 2020/2021 richtig etabliert.

Seit Beginn meldet Woche für Woche Christian Riepenhoff die Demonstration an. Er selbst wurde vom ersten Lockdown eiskalt erwischt. Sein Job als Eventmanager war von einem auf den anderen Tag weggebrochen. Durch die fehlende Auftragslage aufgeweckt begann er, sich zu informieren, und so wurde er rasch zum Bochumer Gesicht der Corona-Kritiker.

Auch dieser Montagspaziergang beginnt mit einer kurzen Begrüßungsrede, bei der aktuelle Themen und Termine sowie die Auflagen der Stadt verlautbart werden. Anschließend geht es in Begleitung von sechs bis acht Polizisten los. Sie sperren die Straßen ab und sorgen für einen reibungslosen Ablauf der Demonstration. Das Verhältnis zur Polizei scheint mittlerweile sehr freundlich. Die Polizeibeamten, fast immer dieselben, gehören dazu, die Stimmung ist gelassen. Zwischenfälle gab es an diesem Pfingstmontag keine.

Warum zum Montagsspaziergang?

„Ich bin von Anfang an dabei. Mich hat die Situation Ende 2020 nervös gemacht, ich war unruhig und wollte etwas tun“, sagt Gudrun (70). „Seitdem ich regelmäßig spazieren gehe, mich mit anderen austausche und merke, ich bin nicht allein mit meinem Unverständnis, geht es mir viel besser. Was konnte man auch sonst tun? Durch den Lockdown war alles verboten. Im Laufe der vielen Montage haben sich hier neue Freundschaften entwickelt. Und der Montag ist ein fixer Termin für mich und meinen Mann geworden. Die ganze Corona-Panikmache wurde jetzt durch Kriegsindustrie und Klima-Hysterie ersetzt. Frieden schafft man durch Verhandlungen und nicht durch immer mehr Waffen.“

Axel, der fast immer dabei ist, ergänzt: „Die Politiker sollen sehen, dass wir immer noch auf der Straße sind. Es laufen viele Sachen im Hintergrund ab, die nicht okay sind.“ Den Great Reset, rund ums Weltwirtschaftsforum von Klaus Schwab, sehe er als große Bedrohung sowie die Abschaffung des Bargelds oder die drohenden Enteignungen. „Eine kleine Geldelite bestimmt über uns.“ Außerdem gehe er mit, um andere zu ermutigen, auch auf die Straße zu gehen und Gesicht zu zeigen. Axel geht gerne auf die mittlerweile wenigen Gegen-Demonstranten zu, um mit ihnen zu diskutieren. Auf die Frage, wie oft er montags dabei war, sagt er lachend: „Viermal war ich nicht da. Für mich ist es eine Notwendigkeit, hier Präsenz zu zeigen. Jeder der unzufrieden ist, sollte sich einfach mal montags anschließen, um sich ein Bild zu machen und sich weniger allein zu fühlen mit seinen Sorgen.“

Bernd ein weiterer Teilnehmer erinnert daran, dass die Corona-Maßnahmen nur scheinbar vorbei seien, ihn stört die Duldungspflicht für Soldaten – diese müssen sich immer noch zwangsweise impfen lassen, um in der Bundeswehr zu dienen. Insgesamt fehlt ihm eine Aufarbeitung der Geschehnisse der vergangenen drei Jahre. Und er erklärt: „Zum Beispiel durften wir im verregneten Winter 2021/22 ohne Impfausweis noch nicht mal auf die Toilette ins Restaurant gehen, während die Bratwurst-Impflinge kopfschüttelnd im Warmen saßen und ihr Essen und Trinken genießen konnten. Das vergisst man nicht so schnell.“

Und Thorsten sagt auf die Frage, warum er montags meistens dabei ist: „Es ist schon eine Gewohnheit geworden. Ich freue mich auf die anderen Teilnehmer. Irgendwie gehört es selbstverständlich dazu montags um 18 Uhr zum Rathaus zu kommen.

Auf den Plakaten und Schildern sieht man viele Friedenstauben und die Sorge über eine Weltgesundheitsdiktatur findet in den Sprüchen Ausdruck. Allgemein lässt sich wohl sagen: Wer hier mitgeht ist gegen die Waffenlieferung an die Ukraine und für Frieden durch Diplomatie.

„Solange der Widerstand auf der Straße ist, hat die Propaganda nicht funktioniert.“

Anmelder der unzähligen Montagsspaziergänge in Bochum Christian Riepenhoff. Foto: Heiko Grabowski
Anmelder der unzähligen Montagsspaziergänge in Bochum Christian Riepenhoff.
Fotos: Heiko Grabowski

„Weil in Deutschland nach wie vor eine große Ungerechtigkeit herrscht“, antwortet Riepenhoff auf die Frage, warum er immer noch auf die Straße geht. „Angefangen hat es mit der Corona-Pandemie, ich wollte aufklären und möchte das noch immer. Aktuell geht es um den Krieg in der Ukraine, der immer mehr eskaliert, wo viele Menschen sterben. Das tut mir einfach weh, ich will das da wieder Frieden hergestellt wird – und zwar am Verhandlungstisch.“

Und der charismatische Veranstalter erklärt weiter: „Es lohnt sich, bei uns vorbeizuschauen und zu sehen, dass hier ganz normale sympathische Menschen friedlich auf die Straße gehen. Wir stehen für das ein, was uns an der Politik stört. Es scheint, dass hier eine große Propaganda angelegt ist, um Dinge durchzudrücken, die nicht unbedingt zum Vorteil der Menschen sind.“ Riepenhoff zitiert seinen Lieblingssatz aus dem Buch „Propaganda“ von Jacques Ellul: „Solange der Widerstand auf der Straße ist, hat die Propaganda nicht funktioniert“ Und deswegen möchte er weiter auf die Straße gehen, damit diese Propaganda nicht funktioniert.

Ein weiterer Montagsspaziergang geht zu Ende, die Menschen umarmen einander. Es bleibt die Gewissheit, dass die meisten am nächsten Montag um 18 Uhr wieder dabei sind.

Der TV-Redakteur Heiko Grabowski arbeitet seit über zwei Jahrzehnten bei großen Film- und Fernseh-Produktionsfirmen. Seit 2020 gilt sein Interesse Themen, die im Mainstream kein Gehör finden. Sein Hauptanliegen ist es auch und gerade über Menschen zu berichten, die aktuell sonst kaum Möglichkeiten haben gehört, gelesen und gesehen zu werden.

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