ressorts.
Hanno Berger acht Jahre in Haft. Und Olaf Scholz?
Cum-Ex

Hanno Berger acht Jahre in Haft. Und Olaf Scholz?

Bundeskanzler Olaf Scholz

Foto: Hannes Henkelmann

Die Schlüsselfigur im Cum-Ex-Skandal Steueranwalt Hanno Berger muss für acht Jahre und drei Monate hinter Gitter. Das entschied diese Woche das Landgericht Wiesbaden. Zudem sollen aus Bergers Vermögen, knapp 1,1 Millionen Euro, eingezogen werden. Ein Urteil mit Symbolkraft für den Bundeskanzler.

Berger war wegen schwerer Steuerhinterziehung in mehreren Fällen angeklagt. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt warf ihm vor, von 2006 bis 2008 bei komplexen Cum-Ex-Aktiendeals mitgewirkt zu haben, die zu unberechtigten Steuerrückzahlungen von 113 Millionen Euro führten.

Berger ist eine Schlüsselfigur im Cum-Ex-Skandal. Er war zwar nicht der Erfinder, gleichwohl aber der große Strippenzieher hinter all den Cum-Ex-Deals. Dabei handelt es sich um eine Betrugsmasche, bei der rund um den Dividendenstichtag Aktien mit und ohne Ausschüttungsanspruch zwischen mehreren Beteiligten hin und her geschoben werden. Am Ende erstatteten Finanzämter Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Der Schaden aus all diesen Geschäften soll sich auf mindestens zehn Milliarden Euro belaufen. Berger habe Mandanten in punkto Cum-Ex einen „Rundumservice“ geboten, erklärte das Gericht. Frühere Geschäftspartner bezeichneten sein Gebaren auch als „Frontalangriff auf das Finanzamt“.

Steueranwalt der Reichen und Prominenten

Dabei war der 72-Jährige früher selbst Finanzbeamter. Zwölf Jahre war er für die Bankenprüfung beim Finanzamt Frankfurt am Main zuständig. Ende der neunziger Jahre wechselte er dann die Seiten und wurde zum Steueranwalt der Reichen und Prominenten. Der Karrierebruch kam dann im Herbst 2012 als Ermittler seine Kanzlei im Frankfurter Bankenviertel durchsuchten ebenso wie sein Privathaus im Main-Kinzig-Kreis.

Berger hatte von der Razzia Wind bekommen und sich in die Schweiz abgesetzt. 2017 erhob die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt Klage gegen ihn. Nachdem er in der Schweiz zunächst in Auslieferungshaft saß, wurde er im April 2022 dann in Bonn wegen Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit Aktiengeschäften der Privatbank M.M. Warburg vor Gericht gestellt. Im Juni 2022 startete dann das Verfahren in Wiesbaden, das jetzt zu Ende ging. Nimmt man beide Verfahren zusammen, drohen Berger 15 Jahre Haft.

Urteil mit Symbolkraft für Olaf Scholz

Und was hat die Geschichte von Hanno Berger jetzt mit Bundeskanzler Olaf Scholz zu tun? Viel! Denn es war immerhin der frühere Kanzleipartner von Berger, Benjamin Frey (Name geändert. Frey ist Kronzeuge der Staatsanwaltschaft Köln im Cum-Ex-Verfahren), der die Information, dass Olaf Scholz in einen Cum-Ex-Skandal verstrickt ist, an die Presse durchstach. Darüber hinaus unterhielt Berger bis 2011 enge Beziehungen zu Christian Olearius, den Mitinhaber der Hamburger Warburg Bank, jenem Banker also, der Jahre später ins Zentrum des Cum-Ex-Skandals rücken sollte und dem Scholz womöglich einen millionenschweren Gefallen getan hat.

Auf Steuerrückforderung verzichtet

Fakt ist jedenfalls, dass das Hamburger Finanzamt 2016 von der Warburg Bank zunächst 47 Millionen Euro aus den illegalen Finanzgeschäften zurückgefordert hatte. Dann aber setzte bei den Steuerbeamten ein Sinneswandel ein. Das Geld wurde nicht eingetrieben, die Steuerrückforderung verjährte.

Was war passiert? Olaf Scholz war seinerzeit Erster Bürgermeister von Hamburg. Damals hatte es drei Treffen zwischen Scholz und dem Warburg-Banker Olearius gegeben, an deren Inhalt sich Scholz nicht mehr erinnern kann oder will. Aus den Tagebüchern von Olearius geht aber hervor, dass Scholz ihm riet, ein Verteidigungsschreiben an den damaligen Finanzsenator Peter Tschentscher zu schicken, der dieses wiederum an die Steuerverwaltung weiterleitete. Bis heute steht der Verdacht im Raum, dass Scholz hier politischen Einfluss auf die Steuerbehörde genommen hat – zugunsten eines mutmaßlichen Steuerkriminellen.

Das Besondere an dem Urteil von Wiesbaden ist nun: Es hat Symbolkraft. Auch und gerade für Olaf Scholz. Denn es zeigt, die Cum-Ex-Affäre ist noch nicht zu Ende. Jetzt das Urteil gegen Berger, und im September startet dann vor dem Landgericht Bonn der Prozess gegen den Hamburger Banker Christian Olearius. Werden dort neue Details bekannt? Die Indizienkette jedenfalls ist erdrückend, sagt Oliver Schröm, Investigativ-Journalist und Co-Autor des Buchs „Die Akte Scholz“. So ist bis heute immer noch nicht klar, was es mit den mehr als 200.000 Euro Bargeld auf sich hat, die im Bankschließfach des SPD-Politikers Johannes Kahrs gefunden wurden. Kahrs ist ebenfalls in den Fall verwickelt. Vermutlich hat er bei Scholz für Olearius lobbyiert. Zudem steht nach wie vor der Verdacht im Raum, dass in der Hamburger Steuerverwaltung gezielt Mails gelöscht wurden, um Spuren zu vertuschen. Scholz wird die Affäre so schnell nicht los. Es bleibt spannend.

Diesen Artikel teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
Telegram

schwarz auf weiß unterstützen

Freiwilliges Zeitungs-Abo oder Einzelspende an:

IBAN: DE83 1005 0000 0191 2112 65
(BIC: BELADEBE)

Kontoinhaber: Flugwerk UG (haftungsbeschränkt)

oder hier PayPal –

Ein Abo ist freiwillig. Alle Inhalte sind ohne Bezahlung verfügbar.

ODER
alles von Paul Brandenburg

Spenden an Paul Brandenburg persönlich werden für alle seine Projekte verwendet: