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Gefahr eines Atomkrieges zwischen USA und Russland gering?
Ukraine-Krieg

Gefahr eines Atomkrieges zwischen USA und Russland gering?

Experten warnen vor der zunehmenden Gefahr eines Atomkrieges in Folge des Ukraine-Konfliktes. Ein ehemaliger Nato-Mitarbeiter und DDR-Agent ist skeptisch: Die Angst der USA vor dem sowjetischen beziehungsweise russischen Zweitschlag habe das schon im Kalten Krieg verhindert.

In der Nato wurde während des Kalten Krieges von US-Seite bei allen Kriegsplanungen „der größte Wert darauf gelegt, dass keine taktischen Nuklearwaffen auf russisches Gebiet abgeworfen werden.“ Das sagte der ehemalige Nato-Mitarbeiter und DDR-Agent Rainer Rupp am Montag, 27. März, in Berlin. „Den US-Amerikanern war immer ganz klar, in dem Moment, wo russisches Territorium getroffen wird, wird auf US-amerikanisches Territorium zurückgeschlagen.“

Rupp widersprach damit den Befürchtungen, dass es in Folge des Ukraine-Krieges zum Einsatz von Atomwaffen durch Russland oder die USA kommen kann. Er sagte das in einer Diskussionsrunde während der Konferenz „Dialog statt Waffen – Frieden mit Russland“ in Berlin. Zu dieser hatte er gemeinsam mit ehemaligen Militärs und Wissenschaftlern eingeladen.

Rupp hatte seit 1977 im Wirtschaftsdirektorat der Nato gearbeitet. Unter dem Decknamen „Topas“ berichtete er aus der Zentrale des westlichen Militärpaktes an die Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR. Er verhinderte 1983 einen Atomkrieg, als er mit seinen Informationen sowjetische Sorgen über das Nato-Planspiel „Able Archer“ zerstreuen konnte. Moskau hatte befürchtet, die Nato bereite sich auf einen Krieg vor. 1993 wurde Rupp verhaftet und zu zwölf Jahren verurteilt, wovon er die Hälfte absaß. Er analysiert seit Jahrzehnten die Außenpolitik der USA und publiziert darüber in verschiedenen Medien.

Aufgeweichte Grenze zum Nuklearkrieg

In Berlin reagierte er mit seinen Erinnerungen auf Aussagen von Kongressteilnehmern, die vor der zunehmenden Gefahr eines Atomkrieges in Folge des Krieges in der Ukraine warnten. So hatte der Militärwissenschaftler und Abrüstungsexperte Wilfried Schreiber gewarnt, dass mit den waffentechnischen Entwicklungen und dem Stopp der Abrüstungsverträge zuvor „die Grenze zum Nuklearkrieg aufgeweicht“ wurde. „Wir stehen an der Schwelle zum Point of no return“, so der Experte. „Die Eskalation droht endgültig aus dem Ruder zu laufen.“

Rupp wollte wissen, ob es neue Erkenntnisse zu den strategischen US-Atomkriegsplänen gebe, die seinen Erfahrungen widersprechen. Er bezog sich auf die US-amerikanische Planungen für den Ersteinsatz von Nuklearwaffen im Kriegsfall. Dieser sei für Truppenansammlungen des „Warschauer Vertrages“, dem von der Sowjetunion geführten Militärblock, in Osteuropa vorgesehen gewesen – „aber nie auf russisches Gebiet“. In Gesprächen mit US-Militärs hätten diese immer bestätigt, dass ein sowjetischer Nuklearangriff auf die USA als Reaktion verhindert werden sollte.

Wo sollte gegenwärtig ein Einsatz taktischer Atomwaffen durch die westlichen Staaten stattfinden – „in der Ukraine oder in Russland“, fragte der Ex-Agent. „Oder hat sich grundsätzlich die Bereitschaft in den Vereinigten Staaten geändert, von russischen Nuklear-Raketen, die nicht aufzuhalten sind, auch getroffen zu werden?“ Rupp fügte hinzu: „Das kann ich mir nicht vorstellen.“ Er sehe auf russischer Seite keine Notwendigkeit, Atomwaffen einzusetzen. Die USA würden das vielleicht in der Ukraine machen, aber nicht gegen Russland.

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