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Corona-Verfahren dauern oft lange — ein normales Problem
Justiz

Corona-Verfahren dauern oft lange — ein normales Problem

Foto: Pexels, Shawn Stutzman

Beim Thema Corona ziehen sich Verfahren vor Verwaltungsgerichten oft hin. Noch liegt die Verfahrensdauer jedoch nicht außerhalb des Rahmens. Der Verdacht auf absichtliche Verschleppung wird in der Praxis auf andere Weise geweckt.

Wie berichtet, hatte jüngst ein Anwalt in einem Verfahren gegen die mit Corona begründete Kölner Ausgangssperre einen Befangenheitsantrag gegen den Richter gestellt. Dieses Verfahren ist seit über zwei Jahren anhängig. Das ist kein Einzelfall. Derselbe Anwalt hat es beim Verwaltungsgericht Düsseldorf mit einem Verfahren zu tun, in dem sich ebenfalls seit zwei Jahren nichts tut. Viele Kläger haben bei den Corona-Verfahren den Eindruck, dass bewusst auf Zeit gespielt wird, um sie zu zermürben. 

Überlastung der Gerichte?

Noch können Gerichte auf solche Vorwürfe reagieren, indem sie auf die normale Dauer solcher Verfahren verweisen. Verfahren dauern von Bundesland zu Bundesland, von Kammer zu Kammer unterschiedlich lang. Die durchschnittliche Verfahrensdauer bei Verwaltungsgerichten in NRW lag im Jahr 2021 bei 17,6 Monaten. Fast ein Drittel aller Verfahren dauerte über zwei Jahre, 16 Prozent über 36 Monate. Wenn sich dies in den vergangenen beiden Jahren nicht wesentlich verändert hat, zeigt sich anhand dieser Daten nichts Ungewöhnliches.

Das VG Düsseldorf schreibt in seiner jüngst erschienenen Jahrespresserklärung, dass seine Verfahren im Jahr 2022 durchschnittlich binnen Jahresfrist erledigt worden seien. Bei infektionsschutzrechtlichen Streitigkeiten, die während Corona stark zugenommen hatten, sei im Jahr 2022 eine Normalisierung zu verzeichnen. Insofern erscheint es erklärungsbedürftig, warum sich Corona-Verfahren so lange hinziehen. Allerdings wurde im Jahr 2021 mit etwa 550 Corona-Verfahren die Höchstzahl erreicht. Es kann also sein, dass hier noch ein Überhang abgearbeitet werden muss.

Andere Gründe

Der Argwohn, dass Verwaltungsgerichte die Verfahren zu hintertreiben versuchen, wird aber aus anderen Gründen geweckt. So erklärte das oben erwähnte Kölner Verwaltungsgericht zum Beispiel, auf eine mündliche Verhandlung gänzlich zu verzichten und offenbar ohne Sachverhaltsprüfung und Beweisaufnahme zu urteilen, obwohl es sich um ein Hauptsacheverfahren handelt. Das widerspricht Verfahrensgrundsätzen wie dem Anspruch auf rechtliches Gehör sowie der Verfahrensgleichheit und Fairness. 

Im erwähnten Düsseldorfer Fall nimmt das zuständige Verwaltungsgericht ein laufendes Disziplinarverfahren der Bezirksregierung gegen den Kläger als Begründung, bis zu dessen Abschluss untätig zu bleiben. Dabei ist es laut Anwalt des Klägers keineswegs auf den Abschluss dieses Verfahrens angewiesen, um entscheiden zu können. Verhalten sich Gerichte auf diese Weise, hat auch die Dauer des Verfahrens eine Bedeutung, die ihr allein nicht zukommt. Sie ist dann nämlich als eine Komponente der Strategie begreifbar, Corona-Verfahren zum Nachteil der Kläger zu hintertreiben.

Da andere Verwaltungsgerichtsverfahren nicht selten länger als 36 Monate dauern, kann erst die Zukunft erweisen, ob sich in der Gerichtspraxis ein Muster abzeichnet, das bewusste Verschleppung von Corona-Verfahren allein aufgrund ihrer Dauer plausibel erscheinen lässt.

Klaus Alfs ist ausgebildeter Landwirt und Soziologe. Er arbeitet als freiberuflicher Autor und Lektor in Berlin.

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