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Bundesverwaltungsgericht – Corona-Maßnahmen rechtens
Justiz

Bundesverwaltungsgericht – Corona-Maßnahmen rechtens

Foto: Pexels/Ekaterina Bolovtsova

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Corona-Maßnahmen des zweiten Lockdowns für rechtens erklärt. Eine juristische Aufarbeitung der gesamten Corona-Politik wird damit weniger wahrscheinlich.

Trotz wohlbegründeter Einwände hat das Bundesverwaltungsgericht am Dienstag, dem 16. Mai, geurteilt, dass das Infektionsschutzgesetz (IfSG) eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Corona-Maßnahmen des zweiten Lockdowns ab Herbst 2020 geboten hat. 

Allgemein rechtens, konkret rechtswidrig

Die ausführliche Begründung steht noch aus. In einer Presserklärung des Gerichts heißt es: „Die Verbote waren ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen […] zur pandemischen Lage, insbesondere zu deren dynamischer Entwicklung im Oktober/November 2020, verhältnismäßig und damit notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne von § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG.“ 

Damit war im Fall eines Klageführenden die Revision der Regierung gegen ein Urteil des saarländischen Oberverwaltungsgerichts erfolgreich. Der andere Kläger ist Betreiber eines Fitnessstudios in Sachsen. Er hatte insofern Erfolg, als das Gericht die Schließung seines Studios wegen Ungleichbehandlung für rechtswidrig erklärte. Während Fitness-Studios schließen mussten, waren in der sächsischen Verordnung Individualsport in Einrichtungen des Freizeit- und Amateursportbetriebs erlaubt.

Diese Entscheidung entspricht der allgemeinen Erfahrung in Corona-Prozessen: Die Maßnahmen werden mit dem unpräzisen Verweis auf eine „dynamische Entwicklung“ generell für rechtens erklärt, Klagen wegen Ungleichbehandlungen innerhalb des Maßnahmenpakets können jedoch durchaus erfolgreich sein. 

Düstere Aussichten

Das Urteil des obersten Gerichts hat bestimmende Wirkung über die konkreten Fälle hinaus. Die Rechtsanwältin Jessica Hamed äußerte sich diesbezüglich enttäuscht, hält die vom Senat vertretene Auffassung „geradezu für offensichtlich abwegig“ und befürchtet, dass die Bevölkerung zukünftig keinen Schutz mehr vor einem übergriffigen Staat erwarten könne. An eine juristische Aufarbeitung der entscheidenden Fragen glaubt sie nicht mehr und hofft auf die Wissenschaft. 

Der Verwaltungsrichter Daniel Deba vom Netzwerk Kritische Staatsanwälte und Richter n.e.V. (KRiStA) teilt Hameds Einschätzung: „Kritische Entscheidungen – außer zu einzelnen Exzessen, wie Regelungen ohne (theoretische) Ausnahmemöglichkeit – würde ich nicht erwarten.“ Er hält es für besonders misslich, dass sich das Gericht nicht mit den Anforderungen an den Gesetz- und Verordnungsgeber für das Aufstellen einer Gefahrenprognose befasst habe.

Dies sei bereits bei der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur „Bundesnotbremse“ frustrierend gewesen. Deba: „Solange man dem Gesetz- oder Verordnungsgeber nicht das Gegenteil seiner Annahmen nachweisen(!) kann, darf er annehmen, was auch immer irgendein(!) ‚Experte‘ ihm als plausibel attestiert.“ 

Auch Benjamin Stibi von der Welt äußert sich pessimistisch über die Zukunft der Corona-Rechtsprechung. Das Bundesverwaltungsgericht hätte ohne Mühe den Weg für die juristische Aufarbeitung freimachen können. Stattdessen setze es „die alte Erzählung fort, die Politik habe nun mal zu wenig über die Pandemie gewusst. Für die nächsten Prozesse lässt das Böses ahnen.“

Viele Bürger, die von Beginn an der Auffassung waren, dass die Corona-Maßnahmen unzureichend begründet sind, dürften solche Urteile als höchstrichterliches Dummstellen und Schlag ins Gesicht empfinden. In seinem Buch Das Staatsverbrechen schreibt der Arzt Gunter Frank: „Erst wenn die Verantwortlichen vor Gericht stehen, erst wenn Entscheider wissen, dass sie sich für ihre kriminellen Handlungen vor der Gesellschaft verantworten müssen, erst dann ist die Corona-Krise wirklich vorbei.“

Klaus Alfs ist ausgebildeter Landwirt und Soziologe. Er arbeitet als freiberuflicher Autor und Lektor in Berlin.

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