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Regierung der Niederlande will Viehbetriebe aufkaufen, um Stickstoff zu reduzieren
Landwirtschaft

Regierung der Niederlande will Viehbetriebe aufkaufen, um Stickstoff zu reduzieren

Foto: Pexels, Tanathip Rattanatum

Die EU-Kommission stimmte dem Vorhaben der niederländischen Regierung zu, Viehbetriebe in Naturgebieten aufzukaufen, die Stickstoff-Grenzwerte überschreiten. Landwirte befürchten die Vernichtung ihrer Branche.

Die EU-Kommission hat vergangene Woche den Kurs der niederländischen Regierung bestätigt, die versucht, den Stickstoffausstoß des Landes bis 2030 um die Hälfte zu reduzieren. Nun will der Staat etwa 3.000 Viehbetriebe in Naturgebieten kaufen, auf denen die Stickstoff-Grenzwerte dauerhaft überschritten werden. Ihnen soll bis zu 120 Prozent des Marktpreises angeboten werden. Damit soll eine Verpflichtung der Betriebsinhaber verbunden sein, keine Landwirtschaft mehr zu betreiben.

Der landwirtschaftliche Sektor ist in den Niederlanden sehr bedeutend. Die Niederlande sind nach den USA zweitgrößter Agrarexporteur der Welt und haben in der EU die höchste Viehbesatzdichte von 382 Großvieheinheiten (GV) pro Hektar. Zum Vergleich: Der EU-Durchschnitt liegt bei 90 GV. Deutschland hat 74 GV. Entsprechend heftig sind die Proteste der Landwirte gegen Maßnahmen der Regierung, die im Zusammenhang mit der Farm to Fork Strategie und dem Europäischen Green Deal stehen. Mit diesen Strategien soll Europa ein „klimaneutraler Kontinent“ werden. Die vorgesehenen Reduktionen von Pflanzenschutz und Düngung machen den Landwirten zufolge ein fachgerechtes Wirtschaften unmöglich, führe zu drastischen Einbußen und Höfesterben. 

Letzteres ist von der Regierung beabsichtigt, da etwa dreißig Prozent der Betriebe aufgeben müssen, wenn die Ziele erreicht werden sollen. Im Jahr 2019 wollte sie die Reduktion der Stickstoffemissionen erreichen, indem sie den Viehbestand halbiert. Darauf setzten die bis heute andauernden Proteste ein und führten zur Gründung der BoerBurgerBeweging, die im März 2023 bei den Wahlen zu den Provinzparlamenten zur stärksten Partei wurde. Ursprünglich drohte die Regierung Landwirten sogar mit Enteignung, falls deren Betriebe dauerhaft die Grenzwerte überschreiten sollten und Kaufangebote ablehnten. Nun will man sie mit hohen Kaufpreisen dazu bewegen, ihre Höfe aufzugeben. 

Die gesamte Strategie wird jedoch von Kritikern als kontraproduktiv angesehen. Die Notwendigkeit eines hohen Selbstversorgungsgrades werde ebenso außer Acht gelassen wie die drastischen Preiserhöhungen für Lebensmittel. Engpässe in der europäischen Nahrungsmittelproduktion führten zu Verwerfungen in Gebieten mit großer Ernährungsunsicherheit, wie zum Beispiel in Afrika. 

Klaus Alfs ist ausgebildeter Landwirt und Soziologe. Er arbeitet als freiberuflicher Autor und Lektor in Berlin.

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