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Tierfilmer vom Bären verletzt – gute Werbung für beide
Klaus Alfs

Tierfilmer vom Bären verletzt – gute Werbung für beide

Foto: Pexels, Pixabay

Der bekannte Tierfilmer Andreas Kieling ist bei Dreharbeiten von einem Bären attackiert und verletzt worden. Seine Schilderung des Vorfalls bekräftigt das Narrativ vom guten Großraubtier – zum Schaden vieler Menschen.

Der bekannte Tierfilmer Andreas Kieling ist nach eigenen Angaben vor etwa einer Woche bei Dreharbeiten in den Karpaten von einem Bären angegriffen und verletzt worden. Er hatte Glück, dass seine Kamera sich zwischen ihm und dem Bären befand, sodass er den Angriff kurzfristig ein wenig abmildern konnte. Solche Kleinigkeiten entscheiden nicht selten darüber, ob man danach noch ein Gesicht hat oder den Angriff überlebt. Erst im April war Kieling laut Selbstauskunft von einer Schwarzen Mamba gebissen worden, deren Gift normalerweise tödlich ist. 

Sinnfreie Ansprache

Der Tierfilmer nutzte den Vorfall für eine Erklärung, in der er das offizielle Narrativ bekräftigt. Der Bär sei „nicht schuld“ gewesen, sondern nur seinen Instinkten gefolgt. Er, Kieling, sei in den Lebensraum des Bären eingedrungen. Bären seien normalerweise scheu, würden Menschen aber als „große Prädatoren“ und damit als Konkurrenz wahrnehmen. Der Wildtierbiologe Marcel Züger bemerkt dazu: „Was er da von sich gibt, ist nicht abgeklärt, sondern einfach nur vollkommen verpeilt. Er hatte offensichtlich mehr Glück als Verstand.“

Woher Kieling wissen will, wie Bären Menschen wahrnehmen, teilt er nicht mit. Dass ein Bär weiß, was ein Prädator ist, darf mit Fug bezweifelt werden. Zu erwähnen, dass Tiere nicht „schuld“ seien, ist überflüssig, da sie generell nicht schuldfähig sind. Indem man es betont, unterstellt man, in anderen Fällen könnten Tiere für ihr Verhalten moralisch verantwortlich sein. Kieling müsste also erläutern, in welchen Situationen ein Bär an seinem Verhalten „schuld“ sein könnte. Er wird keine Situation benennen können. Denn er will das Tier offenkundig in irgendeiner Weise als moralisch gut darstellen, ohne den logischen Preis dafür zahlen zu müssen.

Der Begriff „Lebensraum“, also Habitat, ist ein wertfreier biologischer Terminus technicus, der lediglich benennt, wo die betreffenden Tierarten natürlicherweise vorkommen. Er bezeichnet keinerlei Eigentums- oder Besitzverhältnisse im moralischen oder rechtlichen Sinn. Der Bär ist so wenig Eigentümer seines Lebensraums, wie Parasiten Eigentümer des Bärenkörpers sind, in dem sie sich befinden. Kieling begeht gegenüber dem Bären keinerlei Unrecht, wenn er sich in dessen Lebensraum aufhält. Seine gesamte Rede ist rational vollkommen sinnfrei. Er könnte genauso gut einen Stein, der ihm auf den Kopf gefallen ist, auf diese Weise „verteidigen“.

Von Seriosität keine Spur

Der Sinn seiner Ansprache ist denn auch ein anderer. Er hat eine große Fangemeinde, die er auf diese Weise triggert. Wer argwöhnt, dass es hier vor allem um Eigenwerbung geht, ist auf der richtigen Spur. Kieling macht insgesamt einen unglaubwürdigen Eindruck, scheint die herrschende Stimmung zu nutzen, um ganz oben auf dieser Welle zu reiten. Um die vermeintliche Harmlosigkeit des Wolfes zu erweisen, hatte er zum Beispiel einst gut erzogene Wolfshunde beim Spielen abgefilmt und diese als echte Wölfe ausgegeben. 

2016 posierte er mit einem roten Kanister vor einem Weizenfeld und erzählte mit heiligem Zorn puren Unsinn über Glyphosat und „industrielle Landwirtschaft“ mit ihren „Monokulturen“. Hier nur einer von zahllosen Einwänden: Bei Betrieben über tausend Hektar Größe ist die Fruchtartendiversität auf den Äckern nachweislich am größten, bei Betrieben unter fünfzig Hektar ist sie am kleinsten. Der Tierfilmer war nicht einmal willens oder in der Lage, einen Glyphosat-Kanister zu zeigen, sondern hielt einen anderen in die Kamera – offenbar, weil dieser so schön rot war. Man tut also sicher gut daran, Kieling grundsätzlich kein einziges Wort zu glauben.

Gefährliche Ideologie

Man könnte das alles als harmlose Kapriolen eines eitlen Tierfilmers abtun, der von der Zurückhaltung und Bescheidenheit seiner Vorgänger Ernst Arend und Hans Schweiger nichts wissen will. Doch wie mögen Kielings Einlassungen auf die Angehörigen des von einer Bärin getöteten Andrea Papi wirken, der 25 Minuten um sein Leben gekämpft hat? Was ist mit jenen Menschen, denen Bären mit einem leichten Prankenhieb das ganze Gesicht vom Kopf gerissen haben

Was sollen die Menschen in Rumänien sagen, die von Bären massiv geplagt werden? Wie sollen Weidetierhalter sich fühlen, die wegen der geschützten Großraubtiere ihre Betriebe aufgeben müssen? Was sagt man den zahlreichen Menschen, die auf Tourismus angewiesen sind? Sie alle werden mit der begründungslosen Begründung abgekanzelt, Bären und Wölfe hätten nun einmal das Recht, in „ihrem Lebensraum“ zu leben. 

Prominente wie Kieling bringen durch ihr verantwortungsloses Reden die Stadtbevölkerung immer weiter gegen die Landbevölkerung auf. Sachgerechte Lösungen werden in diesem gesellschaftlichen Klima unmöglich. 

Klaus Alfs ist ausgebildeter Landwirt und Soziologe. Er arbeitet als freiberuflicher Autor und Lektor in Berlin.

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