ressorts.
Kevin, komm von die Büchers wech, wir lesen nich!
Bildungsverweigerer

Kevin, komm von die Büchers wech, wir lesen nich!

Foto: Braunschweig, 18. März. Foto: Hannes Henkelmann
Warning: Undefined array key 1 in /home/httpd/vhosts/paulbrandenburg.com/pbschwarzaufweiss.de_2023-07-24/wp-content/plugins/elementor/includes/widgets/audio.php on line 325 Warning: Undefined array key 1 in /home/httpd/vhosts/paulbrandenburg.com/pbschwarzaufweiss.de_2023-07-24/wp-content/plugins/elementor/includes/widgets/audio.php on line 329

Warum weigern sich aufgeklärte und vernünftige Erwachsene, etwas Neues zu erfahren? Warum verhalten sie sich wie bildungsferne Menschen mit ganz viel Meinung und wenig Wissen. Ein Erklärungsversuch von Markus Fiedler.

„Kevin, komm von die Büchers wech, wir lesen nich“ (sic!). Dieser an den Sprössling gerichtete restriktive Imperativ einer Mutter soll angeblich in einem Supermarkt von einem aufmerksamen Journalisten mitgehört worden sein. Dieses Zitat zeigt neben weiteren gleichartigen Aussprüchen in schonungsloser Klarheit, dass wir in Deutschland seit längerem in einer Bildungsmisere stecken. Und dieses Zeugnis des Versagens unseres Schulsystems wurde schon vor über einem Jahrzehnt als Teil eines Sprüchekalenders von einem großen Leitmedium veröffentlicht. Wir wissen nicht, warum die namenlose Mutter sprachliche Defizite ungewollt an ihr Kind weitergibt, noch dazu mit der Aufforderung, sich von Büchern fernzuhalten.

Wenn wir Vorschüler im Dialog mit älteren Kindern aufmerksam beobachten, stellen wir sehr schnell fest, dass die Jüngsten unbedingt Lesen, Schreiben und Rechnen lernen wollen. Auch Fragen aus den sogenannten „Nebenfächern“ wie zum Beispiel den Naturwissenschaften interessieren sie. Die Vorschulkinder haben hier eine intrinsische Motivation, etwas zu lernen. Sie wissen instinktiv, dass ihnen dies den Zugang zu einer ganz neuen und spannenden Wissenswelt eröffnet.

Verstörende Themen

Es gibt natürlich auch Kinder, die gar nicht lernen wollen oder können, zum Beispiel, weil sie ein Trauma verarbeiten oder aber zuerst ihre grundlegenden Bedürfnisse stillen müssen: Essen, Trinken, Schlafen, ein warmes Zimmer, Geborgenheit und menschliche Nähe. Ein Kind ohne „sicheren Hafen“ kann nicht in die weite Welt hinausgehen und lernen, es braucht die Geborgenheit und Sicherheit der Familie, um das leisten zu können.

Lernen muss auch nicht immer erbaulich sein. Man kann da auch sehr unschöne Dinge und geradezu Abgründe entdecken. Egal, ob es sich dabei um Menschenhandel, Kindesmissbrauch, nebst ritueller Morde, bis hin zum Verkauf von Snuff-Videos von selbigen Ermordungen, oder aber um kriminelle Machenschaften rund um die große Geopolitik dreht. Für viele sind diese Themen so verstörend, dass sie sich damit lieber nicht beschäftigen wollen. Dafür muss man Verständnis haben. Diese Menschen wollen sich zu Recht vor einer Traumatisierung schützen. Sie lassen üblicherweise anderen den Freiraum, sich über diese Abgründe des menschlichen Seins zu informieren.

Kampfbegriffe für Überbringer der schlechten Nachrichten

Da sind aber noch weitere angeblich aufgeklärte Menschen. Diese behaupten einfach, bestimmte Fakten gäbe es gar nicht, und die Überbringer der „schlechten“ Nachrichten seien „Verschwörungstheoretiker“ – und „rechtsradikal“, „antisemitisch“ und „Reichsbürger“ obendrein.

„Verschwörungstheoretiker“ bedeutet hier so viel wie „gefährliche Spinner, Pfuscher und Quacksalber“. Ersatzweise darf es auch „Klimaleugner“ oder „Corona-Leugner“ sein. Hauptsache, man kann den Ruf der Delinquenten damit maximal schädigen. Die so gescholtenen Aufklärer haben allerdings in der Regel wenig bis gar nichts mit diesen ihnen zugeschriebenen Attributen zu tun.

Obwohl sie sorgfältig recherchieren und seriös berichten, werden sie trotzdem beschimpft. So geschehen beispielsweise am 9. März in Hannover vor dem Vortrag des Historikers Dr. Daniele Ganser. Auf einer eigens aufgebauten Bühne vor dem Kongresszentrum phantasierten zahlreiche Sprecher über den angeblich so gefährlichen Mann. Der in Dauerschleife von ihnen verwendete Begriff: „Verschwörungstheoretiker“. Auch in einem breiten Spektrum der Leitmedien assoziierte man den Historiker auf unanständigste Weise mit besagten Kampfbegriffen und will gar seine geplanten Vorträge durch Boykottaufrufe verhindern. Oder Klimaaktivisten: Sie beschimpften am 17. März in Braunsbedra bei Leipzig per Plakat Teilnehmer eines Kongresses zum Thema „Wetter“.

Warum gegen den Erkenntnisgewinn?

Diese Beschimpfungen sagen mehr über diejenigen aus, die sie verwenden, als über die Adressaten. Wer andere „Verschwörungstheoretiker“ nennt, verschließt sich neuem Wissen. Es besteht ansonsten die Gefahr, dass das eigene Weltbild zu sehr ins Wanken gerät, ja sogar gänzlich zerbrechen könnte. Das wird nicht zugelassen. Und diese Wissensverweigerer möchten damit nicht allein sein, deswegen versuchen sie andere ebenfalls am Erkenntnisgewinn zu hindern.

Angeblich aufgeklärte und vernünftige Erwachsene weigern sich demnach, etwas Neues zu erfahren, beziehungsweise zu lernen. Sie verhalten sich wie das kleine Kind, dass sich die Ohren zuhält, die Augen fest zukneift und laut „lalala“ ruft, während die ältere Schwester versucht, ihm Lesen oder Rechnen beizubringen. Und diese Verweigerer glauben auch noch, sie seien deswegen besonders intelligent.

Pseudointellektuelle Bildungsverweigerer 

Wer andere „Verschwörungstheoretiker“ nennt, ist ein pseudointellektueller Bildungsverweigerer. Hinzu kommt, dass Leser von unabhängigen Medien sich mit ihrem stetig wachsenden Allgemeinwissen inzwischen sehr weit von diesen beratungsresistenten Bürgern entfernt haben. Pseudointellektuellen Bildungsverweigerern die Zusammenhänge des Kennedy-Attentats, der Terroranschläge vom 11. September oder aber die Entwicklung des Konflikts in der Ukraine erklären zu wollen, ist ähnlich dem Versuch, einem Vorschulkind Infinitesimalrechnung aus der 12. Klasse beibringen zu wollen. Das ist nahezu unmöglich. Es fehlen sämtliche fachlichen Grundlagen, um die Zusammenhänge wenigstens ansatzweise verstehen zu können.

Wenn also das nächste Mal jemand meint, der Daniele Ganser sei ein Verschwörungstheoretiker, dann wissen Sie, dass er eigentlich sagen wollte: „Kevin, komm von die Daniele wech, wir lesen nich!“

Markus Fiedler ist Biologe und Lehrer. Er hat die Filme „die dunkle Seite der Wikipedia“ und „Zensur – die organisierte Manipulation der Wikipedia und anderer Medien“ gemacht und veröffentlicht zusammen mit dem investigativen ZDF/Arte Journalisten Dirk Pohlmann die Reihe „Geschichten aus Wikihausen”.

Diesen Artikel teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
Telegram

schwarz auf weiß unterstützen

Freiwilliges Zeitungs-Abo oder Einzelspende an:

IBAN: DE83 1005 0000 0191 2112 65
(BIC: BELADEBE)

Kontoinhaber: Flugwerk UG (haftungsbeschränkt)

oder hier PayPal –

Ein Abo ist freiwillig. Alle Inhalte sind ohne Bezahlung verfügbar.

ODER
alles von Paul Brandenburg

Spenden an Paul Brandenburg persönlich werden für alle seine Projekte verwendet: