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Großbritannien – Land der Verschwörungstheoretiker?
Umfrage

Großbritannien – Land der Verschwörungstheoretiker?

Auf einem Schreibmaschinen-Blatt steht das englische Wort "conspiracy" - "Verschwörung.

Foto: Pexels/Markus Winkler

Eine Umfrage in Großbritannien hat ergeben, dass ein großer Anteil der Bürger „Verschwörungstheorien“ glaubt. Verantwortlich seien die alternativen Medien. Die Resultate sind angesichts der verwendeten Kategorien wenig überraschend. 

Das Policy Institute des renommierten King’s College London hat jüngst Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage für die BBC aufbereitet, bei der 2.274 erwachsene Bürger über 18 Jahren online befragt wurden. Das Thema der Befragung war der Umfang, in welchem die Bevölkerung „Verschwörungstheorien“ zustimmt, und welche Rolle die alternativen Medien dabei haben. 

Ein Drittel der britischen Bevölkerung glaubt demnach zum Beispiel, dass das digitale Zentralbankgeld von der Regierung dazu genutzt werden wird, die Bevölkerung zu kontrollieren; dass „15-Minuten-Städte“ ebenfalls dem Zweck dienen, die Freiheit der Bürger einzuschränken und sie zu überwachen; dass die Covid-19-Pandemie dazu genutzt wurde, jeden auch gegen seinen Willen zu impfen; dass der „Great Reset“ eine Verschwörung sei, um den Menschen eine totalitäre Weltregierung aufzuzwingen. Ebenfalls ein Drittel gibt an, den Informationen der Regierung und der Mainstream-Medien nach der Covid-Pandemie weniger zu vertrauen als vorher. 

Allerdings sind zum Beispiel nur neun Prozent der Bürger vollkommen überzeugt, dass Covid-19 insgesamt ein Betrug sei. 84 Prozent der Geimpften sind froh, die Impfung erhalten zu haben. Die große Mehrheit hält die Covid-Impfungen für sicher und wirkungsvoll und ist auch überzeugt, dass der menschengemachte Klimawandel real ist und eine Bedrohung darstellt. 

Die weiteren Ergebnisse legen einen Zusammenhang zwischen dem Konsum alternativer Medien und „Verschwörungstheorien“ sowie einen Zusammenhang zwischen diesen Theorien und der Bereitschaft zu Protest und Gewalt nahe. Diese wiederum sei bei Männern stärker ausgeprägt als bei Frauen. Insgesamt werde von den Bürgern unterschätzt, wie verbreitet „Verschwörungstheorien“ in der Bevölkerung seien. 

Geframte Resultate

Bemerkenswert an dieser Umfrage sind weniger die Ergebnisse. Bemerkenswert ist der Rahmen, in welchem das King’s College sie präsentiert. Geboten wäre wissenschaftliche Neutralität, was es ausschlösse, das Ganze unter dem nicht wertfreien und zudem undefinierten Begriff „Verschwörungstheorie“ zu analysieren. Es hätte zumindest ein charakteristisches Merkmal genannt werden müssen. So hat zum Beispiel Statista in einer Umfrage einfach gefragt, inwiefern die Befragten der Aussage zustimmen, dass geheime Mächte die Welt steuern. Hier könnte man von einer näherungsweise wertfreien und aussagekräftigen Definition sprechen. Sie schließt nichtgeheime Pläne – zum Beispiel den „Great Reset“ – aus. Die Items der britischen Erhebung fassen jedoch alles Mögliche unter dem Begriff zusammen.

Wer nun beispielsweise gemäß den öffentlichen Bekundungen von Klaus Schwab und dem Weltwirtschaftsforum (WEF) annimmt, dass letzteres eine neue Weltordnung schaffen will, die mit Einschränkungen der bürgerlichen Freiheiten verbunden wäre, wird in der Umfrage womöglich dem entsprechenden Punkt zustimmen, obwohl er gar nicht annimmt, dass diese Pläne geheim und damit verschwörerisch im oben genannten Sinne sind. Denn die Formulierung des Punkts lautet: „Der ‘Great Reset’ … ist eine Verschwörung, um eine totalitäre Weltregierung zu erzwingen.“ Es gibt keine Möglichkeit, dem zweiten Teil der Aussage zuzustimmen, ohne auch dem ersten zuzustimmen.

In der Präsentation wird offen über inhaltliche Wahrheit entschieden. So werden die Bürger implizit dafür gelobt, Klimawandel und Impfungen „richtig“ einzuschätzen. Die Überschrift zu dem entsprechenden Ergebnis lautet: „Dennoch anerkennt die Mehrheit die wichtigen Realitäten des Klimawandels und der Pandemie.“ Das King’s College urteilt hier nicht nur über die Wirklichkeit, sondern auch noch über die Wichtigkeit bestimmer Aspekte derselben. Es hätte auch gleich schreiben können, die Mehrheit der Bürger sei insgesamt brav und bleibe bei den großen Themen auf Linie.

Neutral lässt sich der Umfrage nur entnehmen, dass ein gewisser Anteil der Bevölkerung sich aufgrund von Misstrauen bei alternativen Medien informiert und nicht mit den regierungskonformen Narrativen übereinstimmt. Das King’s College bietet die Resultate der Presse jedoch in einer mundgerecht „geframten“ Form an, die auf identische Weise medial verbreitet werden. Damit festigt es jene Narrative. Der Verdacht, dass es mit wissenschaftlicher Autorität eine Rechtfertigung schaffen will, Regierungskritiker zu delegitmieren und alternative Medien zu zensieren, würde in diesem Rahmen ebenfalls als „Verschwörungstheorie“ gelten. Ein perfekter Zirkel.

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