ressorts.
Die Wiederkehr? Bahn’ er’s!
Sachbuch

Die Wiederkehr? Bahn’ er’s!

Ein beschriftetet Blatt Papier

Foto: Pixabay/Andrys Stienstra

Der FAZ-Feuilletonist Patrick Bahners hat eine Analyse der AfD verfasst. Diese ist um einiges klüger als ihr Autor. Eine Kolumne von Lew Schütz

Der Feuilletonist der FAZ Patrick Bahners hat für die Gebildeten unter deren Verächtern eine subtile Apologie der AfD verfasst. Er zielte auf Enthüllung. Geliefert hat er, was keine Strategiekonferenz und kein Parteitag der Schwefelbruderschaft bisher leisten konnte: Eine differenzierte Darstellung einer Notwendigkeit. Das unterscheidet ihn von nahezu allen, die bisher vor der Entwicklung warnten, die seinem Buch den Namen gab. Dieses heißt: „Die Wiederkehr. Die AfD und der neue deutsche Nationalismus.“

In diesem über 500 Seiten langen Großessay malt Bahners den Teufel sehr lebensecht an die Wand. Der Anspruch intellektueller Redlichkeit reißt ihn immer wieder davor zurück, auf einen selbstgeschaffenen Popanz einzudreschen. Er muss auch nicht viel erdichten, wo doch mit Protagonisten wie Alexander Gauland und Konrad Adam das eigene Milieu den in Rede stehenden neuen deutschen Nationalismus mitgebahnt hat. Wie ein Plutarch der BRD nähert er sich über die Biografien der Bewegung an, um gleich zu Beginn festzustellen: „Auf absehbare Zeit wird man sich darauf einstellen müssen, dass die AfD bei der politischen Willensbildung des Volkes mitwirkt, wie es nach Artikel 21 des Grundgesetzes die Aufgabe der Parteien ist.“

Bahners schildert die Entstehung der AfD aus ihrem Umfeld als eine inspirierte, musikalische und notwendige Angelegenheit, dass man sich beim Lesen fragt, ob er das eigentlich selbst merkt. Wahrscheinlich aber doch. So schreibt er: „Es wäre ein Kategorienfehler, diese demokratische Selbstdarstellung der radikalen Rechten als Tarnung zu deuten und sich der Hoffnung hinzugeben, sie durch Entlarvung ihrer wahren, nämlich antidemokratischen Ziele bekämpfen zu können.“ Was er beschreibt, ist eine jüngst wieder verdichtete politische Emanzipationsbestrebung der Deutschen, sich jenseits der von den Alliierten zugewiesenen Spielfiguren, als die kundzutun, die sie waren und sind, abgesehen von dem, wofür man sie hält.

Diese Bestrebung verläuft von der bald verbotenen Sozialistischen Reichspartei über die umgekrempelten Grünen und die bald marginalisierten Republikaner bis hin zur Alternative für Deutschland. So grenzt Bahners das AfD-Gewächs klar von den chauvinistischen Rechtsparteien Europas ab. „Kulturell gesehen, vor dem Hintergrund der Gedanken und Stimmungen, die in Deutschland soeben noch vorherrschend waren, ist die Partei von Bernd Lucke, Frauke Petry und Jörg Meuthen eine Schöpfung aus dem Nichts.“ Besser kann man sich mit seinem Gegenstand nicht selbst porträtieren.

Gedanken und Stimmungen, dass bezeichnet etwas eifersüchtig vermerkt, die von langer Lagerhaltung bereits verschossenen Hauptartikel der FAZ. Die werden seit einigen Jahren in dieser Zurichtung nicht mehr so nachgefragt. Auch ist das Dekor aus der Mode gekommen. Bahners nennt drei einstige Parteiführer, deren Abgang, das Phänomen für das sie interimistisch standen keineswegs widerlegt, sondern eher bestätigt als eine von Besetzungslisten unabhängig verlaufende Notwendigkeit.

Das Beste und Verräterischste aber ist das Nichts. Hierbei handelt es sich um ein Sakrum, dass wie der Name Jehovas, des Herren Zebaoth, ungestraft nicht ausgesprochen werden darf. Es geht, wie bei den Polen oder Franzosen, weder um Nation noch das ethnische Volk, die sozusagen Fassungen und Höfe um das Eigentliche bilden. Dieses liegt im sittlichen Anspruch des Deutschseins, den Richard Wagner in die Wendung fasste: Deutsch sein bedeute, eine Sache um ihrer selbst Willen zu tun. In Bahners Theologie also wegen Nichts.

Dieses Wesen ist für Bahners das, was für Tino Chrupalla das Gedicht war, nach dem er gefragt wurde. Beide wissen, dass es nötig ist, können es aber nicht benennen. Heilige Scheu hat sie erfasst. „Die Wiederkehr“ ist damit ein esoterisches, ein gnostisches Buch über das geheime Deutschland, in dem eben so wenig und eben so selten wie durch das irdische Instrument der Partei AfD selbst der letzthinnige Zweck benannt werden kann. Für den Eingeweihten ist es amüsant zu lesen. Und wir wünschen mit Mephisto den Deutschen, den FAZ-Skribenten, den Parteimitgliedern, ihren Wählern und ihren Gegnern: Kommt nur nicht absolut nach Haus!

Diesen Artikel teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
Telegram

schwarz auf weiß unterstützen

Freiwilliges Zeitungs-Abo oder Einzelspende an:

IBAN: DE83 1005 0000 0191 2112 65
(BIC: BELADEBE)

Kontoinhaber: Flugwerk UG (haftungsbeschränkt)

oder hier PayPal –

Ein Abo ist freiwillig. Alle Inhalte sind ohne Bezahlung verfügbar.

ODER
alles von Paul Brandenburg

Spenden an Paul Brandenburg persönlich werden für alle seine Projekte verwendet: