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Wikipedia – Die Wissensvernichtungsmaschine
Scheinlexikon

Wikipedia – Die Wissensvernichtungsmaschine

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Wikipedia-Autoren haben sehr viel Macht. Nur einer von ihnen kann ohne Probleme 80 Prozent eines Artikels zur Geopolitik löschen und andere themengleiche Artikel weiträumig „aufpolieren“. Eine Kolumne von Markus Fiedler

Unter dem Stichwort „Gladio“ kochte in den 80er Jahren in Italien ein Skandal hoch, der Strahlkraft auf ganz Europa entfaltete. Der mehrfache italienische Ministerpräsident und Außenminister Giulio Andreotti bestätigte im Rahmen einer Parlamentsanfrage 1990 die Existenz von „Gladio“. Diese sei Teil einer europaweit durch die CIA aufgestellten geheimen Militärgruppe innerhalb der Nato. In der Türkei gab es gleichartige Strukturen.

Vor kurzem berichtete der in Russland ansässige Investigativjournalist Thomas Röper über Nato-Stay-Behind-Gruppen in einer weltweiten Stärke von 60.000 Mann, ein Teil davon operiere jetzt in der Ukraine. Es stellte sich heraus, dass diese als „Nato-Geheimarmee“ oder „Stay-Behind-Organisation“ bezeichnete Gruppe im Nachkriegseuropa in Attentate involviert war, darunter auch in den Terroranschlag von Bologna. Der Historiker Daniele Ganser hat über dieses Thema seine Doktorarbeit geschrieben. Er geht seit Jahren Anhaltspunkten nach, die darauf hindeuten, dass Teile dieser Geheimorganisation auch am Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 beteiligt waren. 

Die Existenz dieser Einheiten wurde von Nato-Offiziellen nach Andreottis Eingeständnis zunächst dementiert, um dann einen Tag später wieder von diesem Dementi zurückzutreten. Europaweit erregte diese Meldung Entsetzen. Selbst Verteidigungspolitiker waren über die Existenz dieser der Nato unterstellten Einheiten nicht im Bilde, was gegen die Verfassungen aller europäischen Staaten verstößt.

Daniele Ganser dazu in einem Vortrag: „Der belgische Verteidigungsminister las die Zeitung auf dem Flugzeug, und als er landete, hat er seinen Staabschef gefragt (also seinen höchsten General), ob es stimmt, dass auch Belgien eine Geheimarmee habe. Er selber, als Verteidigungsminister wisse nichts. Guy Coëme war das. Und dann hat ihm sein General gesagt: ‘Ja, es stimmt, wir haben diese Geheimarmee.’ Dann wurde er natürlich ein bisschen verstimmt. Dann hat er gesagt: ‘Warum weiß ich als Verteidigungsminister nichts von dieser Geheimarmee?’ Dann hat sein General ihm gesagt: ‘Nun, das ist eben eine sehr, sehr geheime Sache der Nato’.“

Eine Armee als Teil der Exekutive muss im Rahmen der Gewaltenteilung mindestens vom Parlament, der Legislative, kontrolliert werden. Eine geheime Militäreinheit ist ein für das Volk unkontrollierbares Machtwerkzeug. Ohne parlamentarische Kontrolle kann diese klandestine Truppe gegen das Volk selbst eingesetzt werden, was nachweislich auch geschah.

Die ursprünglich vordergründig als Partisanenarmee aufgestellten Einheiten sollten nach offiziellem Sprech nach einer befürchteten russischen Invasion Westeuropas hinter den feindlichen Linien Sabotageakte ausführen. Die Mitglieder der Nato-Stay-Behind-Gruppen rekrutierten sich vor allem in Deutschland und Italien aus Nazis. Wie sich durch Untersuchungen herausstellte, wurden diese europaweit verbreiteten Einheiten genutzt, um Terrorakte zu verüben. Das Bologna-Attentat, bei dem etwa 300 Menschen starben, wurde den roten Brigaden in Italien in die Schuhe geschoben. Das geschah zu einer Zeit, in der man befürchtete, eine kommunistische Regierung könnte dort durch Wahlen an die Macht kommen. Die Wähler entschieden sich nach dem Attentat tatsächlich mehrheitlich gegen die Kommunisten. Die CIA, der US-Geheimdienst für das Grobe, nutze also gezielt Terror, um die Wahlen in Italien zu beeinflussen.

Im Militärjargon nennt man dieses Vorgehen „Strategie der Spannung“ oder „Strategy of Tension“. Diese Strategie ist in dem U.S. Army Field Manual 30-31B genauestens beschrieben. Die Echtheit dieser Terroranleitung wird von den USA allerdings bestritten, während andere wiederum dieses Dokument für echt halten.

In der Wikipedia wurde unter dem Stichwort „Gladio“ bis zum Ende des Jahres 2013 in langjähriger Fleißarbeit von vielen Wikipedia-Autoren ein beachtlicher Wissensschatz zusammengetragen. Der Artikel umfasste zu diesem Zeitpunkt etwa 100.000 Zeichen. Nun schreitete der berühmt-berüchtigte Autor Kopilot ein. Dieser löschte in mehreren Einzelaktionen große Teile des Artikels. Beginnend mit dem 9. Januar 2014 löschte er fleißig einen Absatz nach dem anderen. Nach dem vorläufigen Ende seiner Säuberungsaktion hatte Kopilot den Artikel am 9. März 2015 auf nur noch 21.600 Zeichen eingedampft. Somit sind knapp 80 Prozent des Artikels den Löschungen vom Autor Kopilot zum Opfer gefallen.

Diesen Autor hatten wir bereits ausführlich als den Klavierlehrer Gerhard Sattler in der vorletzten Ausgabe dieser Kolumne vorgestellt. Die gelöschten Passagen verteilte er zwar in der Mehrzahl auf andere Artikel wie zum Beispiel „Stay-behind-Organisation“. Die ehemals in einem Artikel zusammengefassten Informationen werden allerdings so fragmentiert und auf verschiedene Orte verteilt, dass ihr Auffinden deutlich erschwert wird. Viele wichtige Details wurden auch endgültig gelöscht.

Der Autor verortet sich selbst in einem linksradikalen Lager. Jedoch wird aus seinem Editierverhalten klar, dass er transatlantische Positionen gezielt in die Wikipedia einträgt, oder, wie in diesem Fall, Kritik am transatlantischen Bündnis gezielt löscht. Diese spezielle Gruppe von Autoren in der Wikipedia bezeichnen wir daher als TransatlANTIFA. Das Wikipedia-Tandem Kopilot und Phi sorgt darüber hinaus dafür, dass Nato-kritische Passagen oder auch Detailinformationen gezielt aus dem Artikel entfernt werden.

Das gleiche Verhalten dieser Autoren zeigt sich beim Lemma Field Manual 30-31B. Der Artikel wird in der Form bearbeitet, dass der Leser annehmen muss, dass das Dokument eine russische Fälschung sei. Diese Behauptung allerdings ist nicht belegbar, wie der Geheimdienstkenner und investigative Journalist Dirk Pohlmann sehr detailliert in unserer Sendung „Geschichten aus Wikihausen“ Nr. 7 darlegt. Hingegen sprechen viele Fakten für die Echtheit des Dokuments.

Beachtenswert ist auch der folgernde Vorgang: Gegen den Chef der italienischen „P2-Loge“ Licio Gelli wurde wegen zahlreicher Verbrechen ermittelt. Zwischen der P2-Loge und Gladio gab es viele personelle Verflechtungen. Die Tochter von Licio Gelli wurde am Flughafen verhaftet und durchsucht. In ihrem Koffer fand sich in einem doppelten Boden eine Kopie des „Field Manual 30-31B“. Warum sollte man eine schnöde Fälschung derart aufwendig verstecken? Wenn Sie die Wikipedia heute zum Thema „Gladio“ durchstöbern, finden Sie davon allerdings nichts. Hier wird die Nato als Verteidigungsbündnis dargestellt. Von Terrorismus keine Spur. Gehen Sie bitte weiter, hier gibt es nichts zu sehen.

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