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Übersterblichkeit und Covid-Spritzen: „Eine zeitliche Korrelation ist deutlich sichtbar“
Statistik

Übersterblichkeit und Covid-Spritzen: „Eine zeitliche Korrelation ist deutlich sichtbar“

Symbolbild

Foto: Pixabay/Gerd Altmann

Für Debatten sorgen Auswertungen der Sterblichkeitsdaten ab 2020, die zwei Wissenschaftler vorgenommen haben. Sie zeigen eine Übersterblichkeit ab 2021 und fordern, die Ursachen zu untersuchen. Einer der beiden Autoren gibt Auskunft im Interview.

Am 23. Mai dieses Jahres erschien im Fachjournal Cureus eine Studie zur „Schätzung der Übersterblichkeit in Deutschland im Zeitraum 2020 – 2022“. Ihre Autoren sind der Psychologe Christof Kuhbandner und der Mathematikprofessor Matthias Reitzner. Ihre Ergebnisse sorgen für Aufsehen. Im Interview gibt Ko-Autor Reitzner Auskunft über die Studie und geht auf die Kritik daran ein.

Können Sie bitte zu Beginn etwas zu Ihrem beruflichen Background sagen?

Ich habe an der Technischen Universität Wien Mathematik studiert, promoviert, und parallel als Zweitstudium Versicherungsmathematik studiert. Nach meiner Habilitation war ich unter anderem in Freiburg und Salzburg. Seit 2009 habe ich eine Professur für Stochastik (das heißt: Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik) an der Universität Osnabrück, und halte dort immer wieder Vorlesungen über Versicherungsmathematik. Aus verschiedensten Gründen interessieren mich seit langem Sterbetafeln, mit deren Hilfe man zum Beispiel die Lebenserwartung berechnen kann. Als dann Politiker in den Pandemiejahren von den „Flugzeugen“ sprachen, die „täglich mit Covid-19-Toten abstürzen“, hat mich interessiert, was denn davon stimmt und wie viele Personen tatsächlich mehr sterben als erwarten.

Besonders getriggert hat mich das Statistische Bundesamt. Eigentlich können die Kollegen dort sehr gut rechnen. Aber während der Pandemiezeit wurden plötzlich unsinnigste Pressemeldungen veröffentlicht, die unglaublich alarmierend klangen. Für Eingeweihte war schnell klar, dass diese Meldungen einen politischen Auftrag erfüllten und inhaltlich Unfug waren. Hier wurden Äpfel mit Birnen verglichen. Aber für die mathematisch eher naive Öffentlichkeit klang das schnell nach Weltuntergang. 

Wie ist Ihre gemeinsame Studie aufgebaut? Waren alle benötigten Statistiken verfügbar?

Als Student der Versicherungsmathematik lernt man in den ersten zwei Semestern, wie man die erwartete Anzahl von Toten berechnet und welche Parameter man berücksichtigen muss. Man benötigt die Anzahl der Lebenden und die Sterbewahrscheinlichkeiten für jedes Alter. Beides stellt das Statistische Bundesamt auf seiner Homepage zur Verfügung. Schließlich muss man noch berücksichtigen, dass unsere Lebenserwartung ständig steigt, dafür stellt die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) ein bewährtes und allgemein akzeptiertes Modell zur Verfügung.

Bevor man jedoch zu schnell diesen Zahlen und exakten Ergebnissen vertraut, muss man sich noch die Größenordnung der Daten- und Modellunsicherheit und die natürliche Schwankung der letzten Jahre ansehen. Auch dafür sind alle Daten öffentlich verfügbar. Bei unserer Studie werden keine dubiosen Daten oder Geheimwissen verwendet.

Zu welchen Ergebnissen sind Sie und Christof Kuhbandner gekommen?

Wir haben für 2020 bis 2022 die erwartete Anzahl aller Toten berechnet und diese mit der tatsächlichen Anzahl der Verstorbenen verglichen. Wir erwarten in Deutschland seit längerem etwa eine Million Tote pro Jahr, Tendenz aufgrund der alternden Bevölkerung steigend. Auch im Jahr 2020, als Herr Söder seinen Spruch „Jeden Tag stürzt ein Flugzeug ab“ bemühte, erwarten wir das: Eine Million Tote in 2020 sind mehr als 2.500 erwartete Tote täglich, und nicht nur ein Flugzeug. Die Frage war, ob jeden Tag ein Flugzeug zusätzlich abgestürzt ist, also eine bedeutende Übersterblichkeit aufgrund der Corona-Toten vorlag. Und das konnten wir verneinen: Im Jahr 2020 lag die Sterblichkeit um 4.000 Tote über dem erwarteten Wert. Um das einzuordnen, muss man die durchschnittlichen jährlichen Schwankungen kennen. Die liegen bei plus/minus 12.000 Toten. Daher ist 2020 in dieser Hinsicht ganz normal verlaufen, alle Flugzeuge blieben am Himmel, keines ist abgestürzt. Wir sehen eine Punktlandung.

Anders sieht das 2021 aus, hier sehen wir eine Übersterblichkeit von 34.000 Personen. Das ist schon sehr außergewöhnlich und beunruhigend. Und im Jahr 2022, als sich die Lage laut Politikern und öffentlichen Medien beruhigt und die Viren laut Virologen ungefährlicher werden, explodiert die Übersterblichkeit auf 65.000 Tote. Das ist eine Sterblichkeit, die wir seit dem 2. Weltkrieg nicht mehr gesehen haben.

Wie war die öffentliche Resonanz auf Ihre Studie?

Die Mainstream-Medien ignorierten diese Studie, sie passte nicht in das sichtlich zwingend zu bedienende Narrativ: „2020 hat uns Corona ungeschützt überfallen und alle sind gestorben, 2021 kommt die Erlösung, die Impfung, 2022 sind alle geimpft und alles wird gut.“ Leider sagen die Zahlen das Gegenteil, aber keiner gibt gerne zu, dass er den Leuten Quatsch erzählt hat. Zuerst haben nur mehrere kleine seriöse Internet-Medien das aufgegriffen. Doch nachdem nun vor ein paar Tagen der Bundesgesundheitsminister im Bundestag dazu Stellung nehmen musste, hat auch der ARD-Faktenfinder das Thema entdeckt.

Was wirft Ihnen der Autor Pascal Siggelkow auf tagesschau.de vor?

Abgesehen von einer seltsamen Art des „Framings“ muss selbst der Faktenfinder erst einmal zugeben, dass die Studie korrekt gemacht wurde. Dann wird kritisiert, dass wir die steigende Lebenserwartung einberechnen. Wir haben auch gezeigt, dass dies notwendig ist, aber das konnte „aus Platzgründen“ leider nicht als Fakt aufgenommen werden. Ärgerlich ist, dass die ARD-Faktenfinder uns ständig unterstellen, wir würden behaupten, dass die Impfung gegen Covid-19 für die Übersterblichkeit und die steigende Anzahl an Totgeburten verantwortlich ist. Wir zeigen in unserer Studie, dass die Übersterblichkeit erst mit dem Beginn der Impfung deutlich sichtbar auftritt und dann ständig massiv ansteigt, es ist eine zeitliche Korrelation deutlich sichtbar, aber eine Kausalität kann unsere Studie aus methodischen Gründen gar nicht liefern. Aufgrund dieses zeitlichen Warnsignals fordern wir in unserer Studie, dass hier tiefergehende Untersuchungen dazu stattfinden müssen.

Hier setzt beim Faktenfinder ein Abwehrreflex ein: Dass die Impfung die Sterblichkeit um 80 Prozent senkt, sei eindeutig erwiesen, die Totgeburten stiegen seit Jahren, und die Grippewelle 2022/23 erkläre den Rest. Dass bei einer Sterblichkeitsreduktion um 80 Prozent alle Geimpften fast ewig leben müssten, wird nicht überdacht, und dass wir darauf hinweisen, dass der Trend bei Totgeburten einen Sprung aufweist, auch ignoriert. Daher ist da laut Faktenfinder auch gar nichts zu untersuchen.

Dann doch mal direkt gefragt: Ist die sogenannte Impfung gegen Covid-19 schuld?

Dazu habe ich durchaus eine persönliche Vermutung. Aber Wissenschaft besteht eben nicht aus persönlichen Meinungen, sondern wissenschaftlich erwiesen ist etwas, dass sich durch Fakten hinreichend gut erhärten lässt, und dann auch nur solange, bis es wirklich widerlegt ist. Hier beginnen die spannenden Fragen.

Falls die Impfung so gut hilft: Wieso werden keine vernünftigen Daten freigegeben, die unsere Sterblichkeitsuntersuchungen für Ungeimpfte und Geimpfte getrennt ermöglichen? Falls es die Grippe ist: Wie kommt es, dass wir so eine unglaubliche Grippewelle haben und unser Immunsystem sich nicht normal wehren kann?

Falls es neue Virenmutationen gibt, die zu dieser unglaublich hohen Anzahl an Corona-Toten führen: Wieso sinkt dann die Anzahl der „an und mit Corona“ Gestorbenen in 2022, müsste sie nicht steigen?

Und, um eine unbewiesene Vermutung zu äußern: Vermutlich ist für die hohe Übersterblichkeit ein Mix aus vielen verschiedenen Ursachen verantwortlich, die es zu untersuchen gilt. Wenn es etwas gibt, was mich einen kausalen Zusammenhang vermuten lassen würde, dann ist es die Verweigerungshaltung. Der politische und mediale Unwille, sich diesen Fragen zu stellen, macht mich ernsthaft misstrauisch. Und er macht mich pessimistisch, was die Aufklärung der hohen Übersterblichkeit betrifft. Manchmal schüttelt man den Kopf …

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