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Wie Agrarkonzerne das Erbe der Menschheit verkaufen
Gentechnik

Wie Agrarkonzerne das Erbe der Menschheit verkaufen

Foto: Pixabay/Jeyaratnam Caniceus

Nach Plänen der EU-Kommission zum Umgang mit gentechnisch veränderten Pflanzen sollen die Risikoprüfung, die Pflicht zur Rückverfolgbarkeit und die Kennzeichnungspflicht entfallen. Davor warnt das „Bündnis für eine gentechnikfreie Natur und Landwirtschaft in Bayern”.

Bei einer Veranstaltung mit der Trägerin des alternativen Nobelpreises Vandana Shiva stellte am Sonntag in Rosenheim das „Bündnis für ein gentechnikfreie Natur und Landwirtschaft in Bayern“ die aktuellen Pläne der EU-Kommission zum Umgang mit gentechnisch veränderten Pflanzen vor. So sollen entgegen dem Vorsorgeprinzip die Risikoprüfung, die Pflicht zur Rückverfolgbarkeit und die Kennzeichnungspflicht entfallen. Damit wird den Verbrauchern die Wahlfreiheit genommen und den Landwirten droht die schleichende Kontamination ihres gentechnikfreien Anbaus.

Shiva, auch Trägerin des bayerischen Naturschutzpreises, legte in ihrem Vortrag vor rund 700 Zuhörerinnen und Zuhörern dar, welche Folgen die Beherrschung des Saatgutmarktes durch globale Agrarkonzerne für Landwirten hat. Den Preis für die Verbreitung von gentechnisch verändertem, patentiertem Saatgut zahlen die Bäuerinnen und Bauern, durch Abhängigkeit, Schulden und dem Verlust ihrer Lebensgrundlage.

Damit den Bäuerinnen und Bauern in Bayern nicht das passiert, was in Brasilien und Indien in den letzten 20 Jahren zu beobachten ist und um die Pläne der EU-Kommission zu stoppen, hat sich das Bündnis für eine gentechnikfreie Natur und Landwirtschaft in Bayern, dem Landwirtschafts-, Bio-, Umweltverbände, der Verbraucherschutz und weitere Gruppen der Zivilgesellschaft angehören zusammengeschlossen.

Zuvor stellten die Vertreterinnen und Vertreter des bayerischen Bündnisses die aktuellen Pläne der EU-Kommission vor. Mit der Behauptung, dass die neuen gentechnischen Verfahren wie „Crispr“ oder „Cas“ quasi natürliche Veränderungen im Erbgut von Pflanzen produzieren, soll ein Freifahrschein zur Ausbringung in der Natur ausgestellt werden. Die Agrarindustrie könne Patente auf Genabschnitte anmelden, die teilweise mit diesen neuen Verfahren hergestellt worden sein sollen. Diese könnten aber auch durch natürliche Zucht entstanden sein.

Profite durch Patente

Das Problem aus Sicht des Bündnisses: Saatgut-Züchtern könnten bei der Produktion ihrer natürlichen Züchtungen Probleme bekommen, wenn hier bereits kostenpflichtige Patente vorliegen. Dieses Risiko zieht sich dann durch die komplette Wertschöpfungskette Landwirte, Verarbeiter, Endprodukt. Auf jeder Wertschöpfungsstufe kann die Agrarindustrie so mitverdienen, ohne an der Produktion beteiligt zu sein – nur auf Basis der Patente.

Mehr als 1.500 Patente auf wichtige Genabschnitte in Pflanzen liegen in Europa bereits heute in den Händen von drei großen Agrarkonzernen. Schon heute geraten konventionelle Züchter damit in Konflikt und werden mit hohen Patentgebühren konfrontiert.

Anstatt die im Green Deal verankerte „Farm to Fork“-Strategie durch den Ausbau des ökologischen Landbaus, mehr Agrarökologie und durch eine vielfältige und regional angepasste Landwirtschaft voranzubringen, scheint die EU-Kommission einen Greenwashing Deal mit den Agrarkonzernen auszuhandeln. Die EU verfolgt das Ziel bis 2030 den Pestizideinsatz im Vergleich zu heute zu halbieren. Den Agrarkonzernen wird im Gegenzug ein Freifahrschein für gentechnisch veränderte Pflanzen und deren Patentierung ausgestellt. Ein nachhaltiges Geschäftsmodell für die Agrarkonzerne.

Doch zeigen die Entwicklungen in der Erfahrung mit gentechnisch veränderten Pflanzen ein anderes Bild. So hat sich in den letzten 20 Jahren zum Beispiel in Brasilien und den USA, wo Zweidrittel der angebauten Pflanzen bereits gentechnisch verändert sind, der Pestizideinsatz teilweise verdreifacht. Die Versprechen zur Ertragssteigerung bleiben bis heute ebenso unerfüllt wie die im Hinblick auf die Klimaanpassung, denn die Komplexität des Zusammenspiels von Genen bei Hitze- oder Trockentoleranz, überfordern die Technologie. Die genetische Vielfalt in der bäuerlichen Landwirtschaft weltweit bietet hier einen noch unerschlossenen genetischen Schatz, mit einem Freifahrschein für gentechnisch veränderte Pflanzen, ist diese Saatgutvielfalt bedroht.

Dem bayrischen Bündnis gehören an:

• Aktion GEN-Klage
• Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V.
• Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Haushaltsführungskräfte
• Biokreis e.V.
• Bioland
• Bio-Ring Allgäu e.V.
• Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V.
• BUND Naturschutz in Bayern e.V.
• Deutscher Berufs und Erwerbs Imker Bund e.V.
• GENial- Gentechnikfreies Allgäu
• Greenpeace München
• Imkernetzwerk Bayern
• Interessengemeinschaft gentechnikfreie Lebensmittel und Landwirtschaft e.V.
• Katholische Landvolk Bewegung
• LBV Landesbund für Vogel- und Naturschutz e.V.
• Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern e.V.
• NaturFreunde Bayern
• Naturkost Süd e.V.
• Naturland e.V.
• Öko & Fair Umweltzentrum Gauting
• Qualitätsgemeinschaft Biomineralwasser
• Slowfood, Convivien München und Fünfseenland
• Stiftung Mensch und Tier Neubiberg
• Tagwerk Förderverein e.V.
• Verband Bayerischer Bienenzüchter e.V.
• Verbraucherzentrale Bayern
• Zivilcourage Ebersberg
• Zivilcourage Miesbach

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