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Viktor Orbán: Frieden in der Ukraine abhängig von den USA
Ukraine-Krieg

Viktor Orbán: Frieden in der Ukraine abhängig von den USA

Viktor Orbán im Interview mit der Tageszeitung Die Welt (Screenshot https://www.welt.de/politik/ausland/video246084610/Ungarns-Ministerpraesident-Orban-haelt-Sieg-der-Ukraine-gegen-Russland-fuer-unmoeglich.html)

Foto: Screenshot https://www.welt.de/

Die Ukraine ist kein souveränes Land mehr, sagt Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán in einem Interview am Dienstag. Er hält Russlands Präsident Putin nicht für einen Kriegsverbrecher und einen Sieg der Ukraine für unmöglich.

Die Ukraine ist kein souveräner Staat mehr: Sie hat kein Geld und keine Waffen. „Sie können nur kämpfen, weil wir sie unterstützen.“ So schätzt Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit westlichen Medien wie der Tageszeitung Die Welt, der Bild-Zeitung und dem Magazin Politico die Situation in der Ukraine ein. „Das heißt, wenn der Westen entscheidet, wenn die US-Amerikaner entscheiden, dass sie Frieden haben wollen, dann wird es Frieden geben.“

Allerdings hat der Westen seiner Meinung nach das Recht, kein Geld mehr zu geben und keine Waffen mehr zu liefern. Orbán erklärt in dem Interview, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Westen und der Ukraine gescheitert sei. „Die Tatsache, dass die Ukrainer an der Front kämpfen und wir sie finanziell, mit Informationen und Ausrüstung unterstützen, und sie den Krieg gegen Russland gewinnen, ist ein Missverständnis der Situation.“

Deshalb plädiere er stets für „Frieden, Frieden und Frieden“. Anderenfalls werde die Ukraine „riesige Mengen an Reichtum und viele Menschenleben verlieren“ und es werde zu „unvorstellbarer Zerstörung kommen“. Frieden bedeute gegenwärtig Waffenstillstand, so der ungarische Ministerpräsident.

„Nicht unser Krieg“

Orbán will das ukrainische Volk dennoch nicht daran hindern, weiter zu kämpfen. Aber er betont: „Es ist nicht unser Krieg. Es ist der Krieg der Ukrainer.“ Das Recht, über den „moralischen und historischen Horizont” zu entscheiden, liege allein in den Händen des ukrainischen Volkes.

Der Ministerpräsident glaubt auch nicht, dass Russland nach einem siegreichen Krieg in der Ukraine seine Eroberung in Europa fortsetzen würde: Es sei dafür nicht stark genug. Dieser Krieg hat aus seiner Sicht deutlich gezeigt, dass die Nato viel stärker ist als Russland. „Warum sollte jemand, der schwächer ist, den Stärkeren angreifen wollen?“, zeigt er sich verwundert über eine entsprechende Frage der Bild-Zeitung.

Die Ereignisse am Wochenende in Rostow am Don mit Jewgenij Prigoschin und der „Wagner“-Gruppe sieht Orbán als innerrussische Angelegenheit und „nicht von großer Bedeutung“. Wer annehme, dass Russlands Präsident Wladimir Putin gestürzt oder abgesetzt werden könne, verstehe das russische Volk und die russischen Machtstrukturen nicht. Diese Strukturen in Russland seien sehr stabil, so der ungarische Premier. Das fuße auf der Armee, dem Nachrichtendienst und der Polizei. Das sei ein ganz anderer Staat, eine andere Welt als Deutschland oder Ungarn.

Ukraine-Krieg schlecht für Ungarn

Er habe keinen Zweifel daran, dass Putin im Jahr 2024 noch Russlands Präsident sein werde, betont Orbán. Die Frage, warum er, der noch 1989 in einer mutigen Rede den Abzug der sowjetischen Truppen aus Ungarn forderte, zum „Putin-Freund“ geworden sei, halte er für eine Provokation. „Sie wissen schon, den Ungarn zu sagen, dass wir Pro-Russen oder Freunde der Russen sind, widerspricht unseren historischen Erfahrungen“, konterte er.

Und stellt klar: „Ich kämpfe für Ungarn. Ich kümmere mich nicht um Putin. Ich kümmere mich nicht um Russland.“ Alles, was jetzt zwischen Russland und der Ukraine passiere, sei schlecht und gefährlich für die Ungarn. Er weist auf die ungarischen Minderheiten in der West-Ukraine hin, „wir haben Menschenleben verloren“. Die Gefahr, die vom Krieg ausgeht, ist für Ungarn als Nachbarland von der Ukraine bedeutend im Unterschied zu Deutschland: „Ihr habt Polen und Ungarn zwischen Russland und dem ukrainischen Krieg.“

Für Orbán ist Putin kein Kriegsverbrecher. Es sei unpassend, im Moment darüber zu sprechen: „Weil wir uns in einem Krieg befinden“, erklärt er. Frieden durch Waffenstillstand sei jetzt angesagt und dazu müsse verhandelt werden. Den Verhandlungspartnern zu sagen, „Kommt an den Tisch und ich nehme euch fest“, ist aus seiner Sicht keine gute Idee.

„Sanktionen sind Misserfolg“

Ungarns Ministerpräsident steht den Plänen der Nato, der Ukraine auf dem Gipfel in Vilnius im Juli Sicherheitsgarantien zu geben, sehr skeptisch gegenüber. Zunächst sei ein Waffenstillstand erforderlich, gefolgt von Friedensgesprächen. Der Nato-Plan zur Beilegung des Konflikts – der, so Orbán, keine ungarische Idee sei, sondern vermutlich aus dem Nato-Hauptquartier stamme – sollte daher nicht der erste, sondern der dritte oder vierte Schritt sein.

Für gescheitert hält Orbán die Sanktionspolitik der Europäischen Union (EU) und ihrer Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gegenüber Russland. Die Sanktionen hätten Russland in die Knie zwingen und so den Frieden erzwingen sollen, so Ungarns Ministerpräsident. „Nichts davon ist passiert“. Er sei überrascht, „dass wir – angeführt von der Kommissarin, der deutschen Frau – nicht in der Lage sind, die Sanktionen angemessen zu gestalten“. Es sei „einfach ein Misserfolg“. Es gehe jetzt um eine Klarstellung: „Was ist das Ziel, wie wollen wir es erreichen?“

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