ressorts.
US-Finanzexperte Hudson: USA nutzen Ukraine-Krieg zur Kolonisierung Europas
Ukraine-Krieg

US-Finanzexperte Hudson: USA nutzen Ukraine-Krieg zur Kolonisierung Europas

Prof. Michael Hudson 2019 bei der "Rosa-Luxemburg-Konferenz" in Berlin

Foto: Tilo Gräser

Europa und ein Großteil Asiens werden so geführt, wie es den USA nützt, nicht wie es der eigenen Bevölkerung nützt. Das hat der US-Wirtschaftswissenschaftler Michael Hudson kürzlich bei einem Vortrag in Hongkong klargestellt.

Die USA nutzen den Krieg in und um die Ukraine, um Europa weiter zu unterwerfen. Das sagte der Wirtschaftswissenschaftler Michael Hudson kürzlich auf einer Veranstaltung an der Globalen Universität in Hongkong. Einem Bericht darüber auf der Webseite nakedcapitalism.com zufolge äußerte sich Hudson unter anderem zu den Vorgängen in der Ukraine und den dahinter liegenden Interessen.

Aus seiner Sicht wurde der Staudamm bei Nowa Kachowka von ukrainischer Seite gesprengt, um Russland angesichts der Folgen zu einem gewaltigen Gegenschlag zu provozieren. Zum Zeitpunkt des Nato-Treffens am 11. und 12. Juli in Vilnius könne es möglicherweise einen Raketenangriff auf Moskau und St. Petersburg geben. Das könnte den dritten Weltkrieg auslösen, so Hudson: „Das scheint die Absicht zu sein.“

Die Sprengung sei auch ein Zeichen an China: „Wenn Sie versuchen, Xinjiang und andere Provinzen weiterhin zu kontrollieren, müssen wir nur die Dämme in die Luft jagen und sicherstellen, dass sie kein Land mehr sind.“ Dasselbe geschehe in der Ukraine für Russland. „Dies scheint die westliche Strategie zu sein“, vermutet der Wirtschaftsexperte.

Die einzige Art von Krieg, die die USA gewinnen könne, sei ein Atomkrieg. „Es hat keine eigenen Truppen. Es kann keine Invasion starten. Es kann kein Land übernehmen. Alles, was es tun kann ist zu zerstören. Das ist die amerikanische Politik.“

Das gefährliche Denken der Neokonservativen

Hudson (Jahrgang 1939), dessen Patenonkel der russische Revolutionär Leo Trotzki war, hat 1972 sein Hauptwerk „Super Imperialism“ veröffentlicht. Das erschien 2017 unter dem Titel „Finanzimperialismus – Die USA und ihre Strategie des globalen Kapitalismus“ auf Deutsch. Hudson war einer von wenigen Ökonomen, die öffentlich vor der Finanzkrise 2007 warnten. Seit mehreren Jahren lehrt er unter anderem in Peking

In den USA meinen laut Hudson viele in der Politik, sie können gegenüber anderen Ländern tun, was sie wollen. So habe Russlands Präsident Wladimir Putin mehrfach sogenannte rote Linien benannt und dennoch nicht reagiert, als diese überschritten wurden. Allerdings kämen solche gefährlichen Gedankenspiele nicht von den hochrangigen US-Militärs, sondern von den dominierenden neokonservativen Politikern. Erstere hätten dagegen erklärt, dass der Krieg in der Ukraine nicht zu gewinnen sei.

Doch grundsätzlich gehe es bei dem Krieg nicht um Russland, sagte Hudson, sondern dieser werde von den USA gegen Europa und Deutschland geführt. Die führenden Kreise in den USA hätten vor einigen Jahren festgestellt, dass die westliche Führungsmacht nicht mehr mit der Entwicklung Eurasiens mithalten könne. Angesichts der Deindustrialisierung der USA werde die Frage, wie der US-Lebensstandard gehalten werden könne so beantwortet: „Zumindest können wir Europa kontrollieren und Europa zu einer Kolonie machen, so wie Europa Afrika und Lateinamerika zu Kolonien gemacht hat.“

Während bundesdeutsche Politikdarsteller verkündeten, Russland ruinieren zu wollen, zeigt sich etwas, worauf Hudson hinweist: Russland ist Nutznießer der westlichen Sanktionspolitik. „Die Sanktionen haben es gezwungen, nicht nur in Bezug auf Lebensmittel, sondern auch in der Industrie viel autarker zu werden. Anscheinend gibt es eine Flut ausländischer Investitionen nach Russland, um mit der Herstellung der Konsumgüter und Industrieprodukte zu beginnen, die zuvor aus Europa importiert wurden.“

USA wollen Europa und Deutschland endgültig unterordnen

Für Hudson zeigt sich von Beginn des Krieges in und um die Ukraine an, worum es eigentlich geht: „Tatsächlich schrieb ich von Anfang an, dass das Ziel darin bestand, Deutschland und Europa den Vereinigten Staaten unterzuordnen. Deshalb wurde die Gasleitung gesprengt. Deshalb hat Amerika Deutschland angegriffen. Aber natürlich konnte Deutschland nicht sagen: ‚Nun, wir sind ein Nato-Land, wir werden von Amerika angegriffen‘ – weil die Nato ist Amerika.“

Europa in Gestalt der Europäischen Union (EU) könne „wirklich nichts tun“. Es gebe keine politischen Parteien, „die in irgendeiner Weise wirklich für die europäische Unabhängigkeit sind“. Dafür sorge die allgemeine Vorstellung, dass eine russische Invasion drohe – „als ob Russland überhaupt Interesse daran hätte, die Kontrolle über Osteuropa oder Mitteleuropa zu wiederholen“, fügte Hudson hinzu. Die Vereinigten Staaten würden nicht akzeptieren, dass sie in Folge der eigenen Entwicklung deindustrialisiert sind.

Mit Blick auf Europa und die Konfrontation gegenüber China sagte der renommierte Wirtschafts- und Finanzexperte: „Es hängt alles davon ab, wie andere Länder reagieren. Solange Amerika seine Nichtregierungsorganisationen, seine Wohltätigkeitsorganisationen und seine Subventionen in Übersee nutzt, um Politiker zu fördern, die für die Vereinigten Staaten günstig sind, werden die Politiker die US-Politik verfolgen.“

Talentscouts suchen willige US-Marionetten

Die USA würden Talentscouts in ganz Europa und Asien einsetzen, die vielversprechende Absolventen an den Universitäten suchen, „die sehr opportunistisch sind und dennoch eine scheinbar große politische Anziehungskraft haben. Sie fördern sie und geben ihnen finanzielle Unterstützung von den amerikanischen Stiftungen, bringen sie zur Ausbildung nach Amerika und bauen sie allmählich zu Premierministern oder Politikern oder militärischen Führern oder politischen Verwaltern auf, die pro-amerikanisch sind.“

Das geschehe seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, mit der Folge, dass es in Europa und in weiten Teilen Asiens eine Führungsklasse gebe, die von den USA gefördert wurde und deren Reichtum an die US-amerikanische Unterstützung und an Eigentum in den USA oder in der US-Wirtschaft gebunden ist. „Die politische Führung Europas unterscheidet sich also sehr stark von der öffentlichen Wahrnehmung dessen, was Europa braucht“, hob Hudson hervor. „Europa und ein Großteil Asiens werden so geführt, wie es den Vereinigten Staaten nützt, nicht wie es der eigenen Bevölkerung nützt.“

Die USA seien wütend auf Russland und China, weil diese versuchen, „ihre Volkswirtschaften so zu führen, dass sie ihren eigenen Lebensstandard, ihre eigene Bevölkerung und ihre eigene Militärmacht unterstützen, anstatt ihre Interessen den US-Interessen unterzuordnen“. Die europäischen und asiatischen Staaten, die den USA folgen, seien nicht deren offizielle Kolonien, sondern „Kolonien des Internationalen Währungsfonds, Kolonien der Weltbank, Kolonien des Internationalen Strafgerichtshofs mit pro-amerikanischen Richtern“.

Hudson weiter: „Es sind Kolonien von scheinbar internationalen Organisationen, aber in Wirklichkeit sind es US-zentrierte und US-kontrollierte internationale Organisationen. Das ist nicht explizit amerikanisch. Es ist nur so, dass Amerika in jeder dieser Organisationen ein Vetorecht hat und ihre Finanzen kontrolliert.“

Diesen Artikel teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
Telegram

schwarz auf weiß unterstützen

Freiwilliges Zeitungs-Abo oder Einzelspende an:

IBAN: DE83 1005 0000 0191 2112 65
(BIC: BELADEBE)

Kontoinhaber: Flugwerk UG (haftungsbeschränkt)

oder hier PayPal –

Ein Abo ist freiwillig. Alle Inhalte sind ohne Bezahlung verfügbar.

ODER
alles von Paul Brandenburg

Spenden an Paul Brandenburg persönlich werden für alle seine Projekte verwendet: