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Unruhen im Kosovo und Nato-Doppelstandards
Balkan

Unruhen im Kosovo und Nato-Doppelstandards

Italienische KFOR-Soldaten üben 2019 die Aufstandsbekämpfung im Kosovo (Quelle: Wikimedia Commons/Allions (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:MSU_Carabinieri_2019.jpg), https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode

Foto: siehe Bildbeschreibung

Nach serbischen Protesten im Kosovo stockt die Nato dort ihre Truppen auf. In den Medienberichten dazu wird die Frage nicht gestellt, was die Nato da überhaupt macht. Die Antwort gibt ein EU-Korrespondent.

Die Nato schickt weitere 700 Soldaten ihres KFOR-Kontingents in den Kosovo, nachdem sich dort zu Wochenbeginn die Spannungen zwischen den albanischen und den serbischen Bevölkerungsgruppen verschärften. Anlass dafür war, dass in serbisch bewohnten Dörfern albanische Bürgermeister eingesetzt wurden. Die Unruhen vom Montag gelten als der schlimmste Ausbruch von Gewalt seit Jahren in der Konfliktregion.

Vorläufige Gespräche sind Medienberichten zufolge im Gange. Aber bisher scheint keine der beiden Seiten bereit zu sein, in einer seit Jahren schwelenden Frage nachzugeben, heißt es. Bei Demonstrationen im überwiegend serbischsprachig besiedelten Nordkosovo wurden Meldungen zufolge 50 Demonstranten und etwa 30 Nato-Soldaten aus Italien und Ungarn verletzt. Videos in Telegram-Kanälen zeigten unter anderem, dass ungarische KFOR-Soldaten demonstrativ ihre Schilde runternahmen, als sie den Protestierenden gegenüberstanden, und nicht gegen diese vorgingen.

Auf einen kaum beachteten Aspekt der Vorgänge macht der EU-Korrespondent Eric Bonse in seinem Blog „Lost in Europe“ aufmerksam: Die Nato schützt im Kosovo eine Sezession, die nicht einmal alle EU-Staaten anerkennen. Bonse erinnert daran, dass sich das früher zu Serbien gehörende Kosovo nach der Nato-Intervention 1999 gegen Jugoslawien im Jahr 2008 für unabhängig erklärte. Serbien, Russland, China und viele weitere Staaten – darunter auch die EU-Mitglieder Spanien und Griechenland – hätten die Loslösung (Sezession) bis heute nicht anerkannt.

Was die Nato im Kosovo treibt

„Im Kosovo schützt sie eine Sezession – doch in der Ukraine hilft sie, eine Abspaltung zu verhindern bzw. rückgängig zu machen“, schreibt Bonse mit Blick auf den Donbass und die Krim. Und er fragt: „Fällt den EU- und Nato-Chefs nicht auf, dass sie mit Doppelstandards agieren? Wie können sie gleichzeitig eine Abspaltung bekämpfen und eine andere Sezession verteidigen – beides in Europa und in Ländern, die weder der EU noch der Nato angehören?“

Der Journalist vermutet bei den westlichen Politikern „ein kurzes Gedächtnis“. Schon als die Nato 1999 Belgrad bombardierte, hätten viele Experten vor einem Präzedenzfall gewarnt. Als sich Kosovo 2008 von Serbien abspaltete, habe in der Folge selbst die regierungsfinanzierte Stiftung Wissenschaft & Politik (SWP) vor einem „Sonderfall mit Präzedenzwirkung“ gewarnt. Die Nato hab es mehr als 20 Jahre nach ihrem Überfall auf Jugoslawien immer noch nicht geschafft, die Region zu befrieden, so Bonse.

Kosovo galt schon vor der offiziellen Unabhängigkeit faktisch als Kolonie der Europäischen Union (EU). In der Nähe von Ferizaj im Südosten des Kosovo befindet sich das „Camp Bondsteel“, die größte US-Militärbasis in Europa. Worum es dabei geht, beschrieb der geopolitische Analytiker F. William Engdahl 2012: „Von dort aus kann das US-Militär die Ölströme und die politischen Entwicklungen vom ölreichen Mittleren Osten bis nach Russland und Westeuropa kontrollieren.“

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