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Seymour Hersh: Osteuropa drängt Selenskyj zu Frieden
Ukraine-Krieg

Seymour Hersh: Osteuropa drängt Selenskyj zu Frieden

Frau mit Stop-War-Schild bei Demo

Foto: Pexels/Mathias Reding

In Nachbarländern der Ukraine sorgt die regionale Flüchtlingskrise für zunehmenden Unmut gegenüber Kiew. Sie wollen, dass Selenskyj den Krieg durch Verhandlungen mit Russland beendet. Das behauptet zumindest der Investigativjournalist Seymour Hersh.


Eine Gruppe osteuropäischer Länder, allesamt Unterstützer der Ukraine, drängen den Kiewer Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, den Krieg gegen Russland zu beenden – notfalls durch seinen Rücktritt. Das schreibt der investigative Journalist Seymour Hersh im neuesten Beitrag seines Blogs. Diese Gruppe werde von Polen angeführt, während Ungarn ebenfalls eine aktive Rolle spiele.

Hersh beruft sich dabei auf Informationen aus US-Geheimdienstkreisen. Die Osteuropäer wollen danach in Folge der anhaltenden Flüchtlingsströme aus der Ukraine, das Selenskyj den Krieg beendet und das Land wieder aufbaut. Den Informationen nach gebe der Kiewer Präsident aber nicht nach, obwohl er anscheinend zunehmend die Unterstützung der Nachbarländer verliere.

Mehr als fünf Millionen Ukrainer seien vor dem Krieg in die Nachbarländer geflohen, so Hersh. Durch ein EU-Abkommen haben sie weitgehende Aufenthaltsrechte, Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Wohnungen, bekommen Sozialhilfe und medizinische Hilfe. Der Journalist verweist auf Zahlen des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge, wonach weitere drei Millionen Ukrainer aufgrund der offenen Grenzen ohne Visum in die EU geflüchtet sind.

Obwohl die Ukraine nicht Mitglied der EU ist, genieße sie nun alle Vorteile des Schengen-Abkommens. Laut Hersh haben einige der Länder inzwischen wieder teilweise Grenzkontrolle wieder eingeführt. Doch die regionale Flüchtlingskrise könne erst durch ein formelles Friedensabkommen gelöst werden. Der Journalist zitiert aus einer Analyse des Council on Foreign Relations (CFR) von Februar 2023, wonach seit Februar 2022 „zig Milliarden Dollar“ an humanitärer Hilfe in die Nachbarländer der Ukraine gegangen seien. Experten würden nun befürchten, „dass die Gastgeberländer zunehmend müde werden“.

Ungarn spielt große Rolle

Hersh schreibt auch davon, dass nach seinen Informationen „einige Offizielle in Westeuropa und den baltischen Staaten ein Ende des Krieges zwischen der Ukraine und Russland wollen“. Diese würden von Selenskyj erwarten, dass er „wieder zu sich kommt“ und mit Russland verhandle. Vor allem Regierungsverantwortliche aus Ungarn und Polen würden versuchen, Kiew zu Gesprächen mit Moskau zu bewegen. „Ungarn spielt dabei eine große Rolle, ebenso wie Polen und Deutschland, und sie arbeiten daran, Selenskyj zum Einlenken zu bewegen“, zitiert der Journalist einen US-Beamten.

Selbst führende Regierungskreise aus EU-Ländern drängen danach den Kiewer Präsidenten, sich zurückzuziehen und zu genießen, was ihm gehört: ein Grundstück mit Villa in Italien und Offshore-Bankkonten. Ihm seien auch große Geldsummen angeboten worden, die Selenskyj aber bisher ausgeschlagen habe. Dieser setzt stattdessen auf die Unterstützung in der Biden-Administration für seinen Kriegskurs, geht aus dem Beitrag hervor. Auch Paris und London seien gegen eine Friedenslösung mit einem Selenskyj-Abtritt. Sie „sind Biden zu verpflichtet“, heißt es dazu.

Der Investigativjournalist berichtet aber von Stimmen im US-Establishment, die ein Kriegsende für notwendig halten. „Der Ukraine geht das Geld aus und es ist bekannt, dass die nächsten vier oder fünf Monate von entscheidender Bedeutung sind“, zitiert er einen Geheimdienst-Beamten. Die Osteuropäer würden über einen Deal reden. Die Frage für sie sei, „wie man die Vereinigten Staaten dazu bringen kann, Selenskyj nicht mehr zu unterstützen“.

Europas Problem im Hinblick auf eine schnelle Beilegung des Krieges sei laut dem Geheimdienstmann, „dass das Weiße Haus will, dass Selenskyj überlebt“. Andere dagegen, nicht nur in Moskau, sondern auch in einigen europäischen Hauptstädten, würden sagen, „dass Selenskyj gehen muss, egal was passiert”.

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