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Paris zwischen friedlichem Protest und Eskalation
Frankreich

Paris zwischen friedlichem Protest und Eskalation

Auf der 1. Mai-Kundgebung in Paris, Macron als „Butter“.

Foto: Ronja Palmer

Die Wut der Franzosen über die Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron ist ungebrochen groß. Auch zum traditionellen 1. Mai gingen im ganzen Land Millionen auf die Straße.

Auch in Frankreich waren am Tag der Arbeit die Bürger auf den Straßen, allen voran in Paris, Nantes und Lyon. Die landesweiten Teilnehmerzahlen berufen sich laut dem Innenministerium auf 782.000, laut den Gewerkschaften auf 2,3 Millionen. In der französischen Hauptstadt wurde erstmals eine umstrittene Drohnentechnologie zur Überwachung der Maikundgebungen verwendet.

Der Hauptdemonstrationszug in Paris startete nach heftigen Regenschauern am Platz der Republik und bewegte sich zunächst friedlich in Richtung Zielort, dem Platz der Nation. Menschen aller Altersgruppen skandieren lautstark ihre Forderungen und halten Transparente und Banner hoch.

Ihre Botschaften waren unmissverständlich. Die Franzosen verlangen die Rückgängigmachung der kürzlich in Kraft getretenen Rentenreform. Sie fühlen sich gedemütigt. Für sie ist die Reform, die ohne Mehrheit im Parlament beschlossen wurde, ein Angriff auf ihre Bürgerrechte und das demokratische System. „Die Rentenreform ist ungerecht und vergrößert die sie soziale Kluft in Frankreich nur noch mehr“, sagte ein Demonstrant am Platz der Republik vor der Mariannen-Statue, einer Ikone der französischen Revolution. Er fordert wie viele Macrons Rücktritt.

Am Straßenrand stellte ein kreativer Protestler das französische Staatsoberhaupt als eine übergroße Buttermarke dar, die in Frankreich unter dem Namen „Président“ bekannt ist. Die Pappzeichnung war von einem Messer durchbohrt und Helfer verteilten Brotstücke mit dem symbolischen Aufstrich an Vorbeiziehende.

Atmosphäre änderte sich schlagartig

Der Protestzug führte vorbei an eingeschlagenen Schaufenstern und demolierten Bushaltestellen, den Spuren der wochenlangen Massenmobilisierung. Noch war das Polizeiaufgebot überschaubar und die Menge enthusiastisch. Laute Tanzmusik tönte von den zahlreichen Protestwagen der verschiedenen Gewerkschaften und die Sonnenstrahlen sorgten für Entspannung.

Auf dem Platz der Nation angekommen, änderte sich die Atmosphäre dann schlagartig. Jugendliche Schwarze Block-Gruppen hatten sich versammelt und der gesamte Platz war von Polizisten eingekesselt. Pyrotechnik wurde gezündet, Wurfgeschosse flogen durch die Luft und es kam zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Pariser Polizei, die massiv Tränengas einsetzte. Viele der Protestierenden und Reporter waren mit Helmen und Atemmasken ausgerüstet. Dazu brach am Fuß eines Gebäudes am Platz der Nation ein Feuer aus, von dem dicke schwarze Rauchwolken aufstiegen. Am späten Nachmittag waren laut Medienberichten in Paris 68 Personen festgenommen. Es gab Verletzte auf beiden Seiten.

„Natürlich ist Gewalt keine Lösung“, äußerte eine junge Studentin im Gespräch. Aber es sei Notwehr auf die „systematische Gewalt“, die von der Regierung ausgehe. Und die überwiegende Mehrheit der Demonstranten sei friedlich, betonte sie. Frankreich befindet sich in der Krise, meinte ein anderer Teilnehmer. „Die zwei Pandemie-Jahre, Inflation und jetzt noch der Ukraine-Krieg, das ist zu viel“. Aufgeben kommt für die Arbeitnehmer aber nicht in Frage. Die Proteste sollen weitergehen.

Themen wie der Ukraine-Konflikt kamen am 1. Mai nur Rande auf. Auf einem Flugblatt war zum Beispiel zu lesen: „Nein zum US-Nato-Krieg gegen Russland, wir wollen keinen dritten Weltkrieg!.“ Die Meinungen der Demonstranten dazu gingen allerdings auseinander. 

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