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Kostenfalle in Italien: Das kann Deutschland von der Subventionierung lernen
Gebäudesanierung

Kostenfalle in Italien: Das kann Deutschland von der Subventionierung lernen

Sanierungsarbeiten an einem Haus.

Foto: Pixabay/ Andreas Lischka

Italien hat mit dem Superbonus für energetische Sanierungen einen teuren Preis gezahlt. Nicht nur die Schulden des Landes sind gestiegen, auch Handwerksbetriebe gerieten in Gefahr. Droht das auch Deutschland?

Die SPD und Grüne erwarten noch vor der Sommerpause eine Einigung zum Gesetz für kommunale Wärmeplanung. Laut SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert nähere sich die Ampel-Koalition der Zielgeraden. Die FDP bestreitet eine Einigung beim Gesetz für kommunale Wärmeplanung. Laut FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler gebe es noch keinen Kabinettbeschluss. „Das heißt, wir sind noch ganz am Anfang“, so Schäffler.

Ziel des Gesetzes für kommunale Wärmeplanung ist es, zahlreiche Daten zum Energieverbrauch der einzelnen Gebäude der Kommunen zu ermitteln. Großstädte sollen bis Ende 2026 kommunale Wärmepläne vorlegen, kleinere Städte und Landkreise bis Ende 2028. Das geplante Gesetz steht außerdem in Verbindung mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) zum Einbau neuer Heizungen ab 2024, die mindestens zu 65 Prozent mit Öko-Energien betrieben werden sollen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) deutete diesbezüglich den Kompromiss an, die Regelung zunächst nur für Neubauten zu schaffen und nicht für neue Heizungen in bestehenden Wohnungen.

Wie umfassend die Fördermittel für die neuen Heizungen zukünftig sein werden, ist noch nicht bekannt. Mit Blick auf Italien zeigt sich, welche verheerenden Folgen ein Eingriff in die Wirtschaft aus klimapolitischen Gründen haben kann.

Superbonus Italien

2007 etablierte das Land die ersten Abschreibe-Möglichkeiten für energetische Sanierungen. 9,2 Milliarden Euro kostete das die Regierung bis 2019. Seit 2020 können Haushalte in Italien 110 Prozent Steuerabzug geltend machen, wenn sie spezifische Maßnahmen im Bereich Energieeffizienz und Erdbebensicherheit tätigten. Die finanziellen Einbußen für das Land sind fatal: 125 Milliarden Euro Schulden entstanden durch den Superbonus. Laut einer Schätzung des Wirtschaftsministers Giancarlo Giorgetti haben sich die Kosten für den Superbonus auf rund 2.000 Euro für jeden Bürger aufgestaut.

Dennoch genehmigte der Finanzausschuss des Parlaments in Rom, dass begonnene Projekte noch bis Ende September 2023 fertiggestellt werden können. Die Bedingung für die Genehmigung ist einerseits, dass die Unternehmen Zwei- bis Mehrfamilienhäuser renovieren oder sanieren wollen. Zudem muss der Baubeginn vor dem 16. Februar 2023 liegen. Die Zahlungen, also Kostenübernahmen, wurden auf 90 Prozent der Kosten reduziert.

Superbonus: Eine Kostenfalle?

Insgesamt habe der Superbonus dazu geführt, dass der Bausektor unverhältnismäßig stark gewachsen sei. Das brachte allerdings nicht ausschließlich positive Folgen mit sich. Die italienische Vereinigung der Handwerker und Kleinunternehmer CNA spricht von einer wirtschaftlichen und sozialen Krise. Der Superbonus bringe 33.000 Handwerksbetriebe in Gefahr – er sei eine Kostenfalle. Denn viele Handwerksbetriebe würden noch immer auf die von ihnen vorgestreckten Gelder für den Superbonus warten. Der Staat sei derzeit nicht in der Lage, die Gelder rechtzeitig rückzuerstatten und vielen Betrieben drohe ein Konkursverfahren.

Eine Mitarbeiterin von „Zöggeler Bau“ in Tramin bestätigt, dass das Unternehmen durch den Superbonus einen Anstieg der Aufträge hatte. „Das ist erstens positiv für die Gebäude. Sehr alte Gebäude wurden saniert und renoviert, bei denen es dringend notwendig war. Für manche Personen war das nur durch den Superbonus möglich.“

Von großem Nachteil sei aber die Bürokratie und der hohe Aufwand, das Geld ausgezahlt zu bekommen. Es brauche ein Ingenieurbüro, das Bauunternehmen und einen Steuerberater. „Alles muss überwacht werden. Insgesamt steht dahinter eine große Verantwortung. In Nachhinein könnten wir zur Rechenschaft gezogen werden, wenn etwas schiefläuft“, führt die Mitarbeiterin aus. Mitunter dauere es ein halbes Jahr, bis der Steuerabzug genehmigt werde.

Es gelte, keine Fehler zu machen. „Wenn etwas fälschlich ausgefüllt wird, müssen Personen die Steuern nachträglich zurückzahlen. Das ist ein Problem, wenn das Gebäude bereits renoviert oder saniert wurde. In manchen Fällen stehen Personen mit einem Anwalt vor Gericht, um ihr Geld zu behalten.“

Nicht alle Berechtigten nutzen den Superbonus, aber die meisten

Das italienische Bauunternehmen „Oberhauser Bau“ in Brixen hatte nur wenige Kunden, die den Superbonus in Anspruch nahmen. „Die Beantragung ist sehr aufwendig“, erzählt der Mitarbeiter. Manche Kunden hätten eine Finanzierung von 50 Prozent in Anspruch genommen, das sei aber die Minderheit gewesen.

Einen Anstieg in Bau- und Materialkosten konnten die Baufirmen „Oberhauser Bau“ und „Zöggeler Bau“ beide verzeichnen. „Ob es an dem Superbonus liegt, kann ich aber nicht sicher sagen“, so der Mitarbeiter von „Oberhauser Bau“. Corona, der Krieg und der Superbonus hätten vermutlich zusammengespielt und die gestiegenen Kosten verursacht.

Die Mitarbeiterin von „Zöggeler Bau“ erzählt, dass ein Großteil der Kunden, die zum Superbonus berechtigt sind, diesen immer noch in Anspruch nehmen würden.

Die Lücken im System

Das System sei in manchen Fällen auch ausgenutzt worden. „Manche Personen haben den Superbonus beantragt, ohne zu renovieren. In Italien gibt es ein Sprichwort: ‚Sobald das Gesetz gemacht wird, gibt es einen Weg, das Gesetz zu umgehen.‘ Das konnten wir auch beim Superbonus sehen“, berichtet die Mitarbeiterin von „Zöggeler Bau“. Durch den Superbonus sei zwar die Wirtschaft angekurbelt worden, „es ist aber nicht alles glatt gegangen“. Die Prognose der Mitarbeiterin ist daher wenig zuversichtlich: „Im Nachhinein wird es einige Kontrollen geben. Manche werden das Steuerguthaben zurückzahlen müssen, sofern sie das Geld unrechtmäßig bekamen.“

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