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Xi und Putin besiegeln das Ende der US-Hegemonie
Weltordnung

Xi und Putin besiegeln das Ende der US-Hegemonie

Foto: Pexels, Alexei Vasiliev
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Mit ihrem Gipfel in Moskau haben die Staatschefs von Russland und China die neue multipolare Weltordnung ausgerufen. Zum ersten Mal seit Jahrhunderten ist an einer solch historischen Entwicklung kein westlicher Politiker beteiligt.

Es sind der chinesische Präsident Xi Jinping und der russische Präsident Wladimir Putin, die nun in der globalen multilateralen Agenda den Ton angeben. Die USA stehen fassungslos daneben und sehen zu, wie ihre seit drei Jahrzehnten bestehende „Full Spectrum Dominance“ beerdigt wird. Die ratlose Wut der Nato-Medien ändert nichts an der eindrucksvollen Optik des Gipfels in Moskau – und noch weniger an der zugrundeliegenden Substanz.

Rohstoffe und Industrie

Chinas Aufstieg hat sehr handfeste Grundlagen. Sein Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg von 2000 bis 2022 von 1.205 Milliarden US-Dollar auf 20.256 (USA 25.035), seine Industrieproduktion lag bereits 2018 mit 5.532 Milliarden an erster Stelle (USA mit 3.547). China verfügte 2021 über den größten Handelsbilanzüberschuss: 676 Milliarden US-Dollar, während die USA mit 1.182 Milliarden das größte Handelsbilanzdefizit haben.

Russland wiederum spielt global eine entscheidende Rolle bei Rohstoffen. Nach manchen Berechnungen liegen 60 bis 70 Prozent aller Rohstoffe der Welt in Russland. Das betrifft nicht nur Erdöl und Erdgas, sondern auch Uran, Kohle, Eisen, Aluminium, Platin, Nickel, seltene Erden und Getreide. Die Kombination von russischen Rohstoffen und chinesischer Industrie ist eine mächtige Kraft – ebenso mächtig wie die von deutscher Industrie und russischen Rohstoffen, die die angelsächsischen „Seemächte“ ein Jahrhundert erfolgreich verhindert haben.

Xi und Putin hingegen scheinen Schritt für Schritt und gut synchronisiert ihre Zusammenarbeit voranzutreiben. Während Putin in der chinesischen People’s Daily seine Perspektive einer „zukunftsweisenden Partnerschaft” darlegte, führte Xi zeitgleich auf RIA Novosti sein Konzept von Zusammenarbeit und gemeinsamer Entwicklung aus. Während ihres ersten „informellen” Treffens besprachen sich Xi und Putin ganze viereinhalb Stunden lang. Es ging dabei um die Grundzüge einer multipolaren Welt.

Unterschiede bezüglich Ukraine

Bezüglich der Ukraine soll Putin höflich betont haben, dass er den Standpunkt Chinas respektiere, der in Pekings 12-Punkte-Plan zur Konfliktlösung zum Ausdruck kommt. Die russische Position bleibe jedoch unumstößlich: Entmilitarisierung, ukrainische Neutralität und Verankerung der neuen Fakten vor Ort. Und das russische Außenministerium schloss gleichzeitig eine Rolle der USA, des Vereinigten Königreichs, Frankreichs und Deutschlands bei künftigen Verhandlungen über die Ukraine vollständig aus, weil sie keine neutralen Vermittler seien.

Die chinesische Führung betont traditionell die territoriale Integrität von Staaten und hat die russischen Kriegsziele deshalb nie offen unterstützt. Sie wird aber gleichzeitig nicht so dumm sein, ihren wichtigsten Verbündeten der Nato ans Messer zu liefern. Sollte es dem US-Imperium gelingen, Russland zu zerschlagen, wäre China dramatisch geschwächt. Statt des militärisch starken und rohstoffreichen Partners wäre die Volksrepublik konfrontiert mit einem feindlichen prowestlichen Russland oder einem ebensolchenNachfolgestaat in Sibirien – sowie mit einem offensiven Bündnis aus USA, Großbritannien, EU, Japan und Australien. Zu einem solchen Albtraum wird es Xi wohl nicht kommen lassen.

Wirtschaft und Energie

Am zweiten Tag des Gipfels konzentrierten sich Putin und Xi auf die ökonomische Kooperation. Konkret ging es um Energielieferung, um technisch-militärische Zusammenarbeit sowie um die durch Eurasien verlaufenden Handels- und Wirtschaftskorridore.

Als Erdgaslieferant für China steht Russland bereits jetzt an erster Stelle – vor allem über die 3.000 Kilometer lange Pipeline „Power of Siberia“, die von Sibirien in die nordöstliche chinesische Provinz Heilongjiang führt. Die Vorbereitungen über die Pipeline „Power of Siberia II“, die durch die Mongolei führen wird, laufen zügig. Verstärkte Zusammenarbeit wurde auch für den Bereich der Hochtechnologie beschlossen: Projekte im Wert von 165 Milliarden US-Dollar in den Bereichen Flüssiggas, Flugzeugbau, Werkzeugmaschinenbau, Weltraumforschung, Agrarindustrie und beim Ausbau der Wirtschaftskorridore.

Xi erklärte explizit, dass er die Projekte seiner Neuen Seidenstraße mit der russisch geführten Eurasischen Wirtschaftsunion (EAEU) verknüpfen möchte – eine logische Entwicklung im Zuge der eurasischen Integration. Und China hat auch ein Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der EAEU unterzeichnet.

Multipolarität

Schließlich soll es einen zusätzlichen Schub für gegenseitige Verrechnungen in nationalen Währungen geben – auch zwischen Asien und Afrika und Lateinamerika. De facto hat Putin die Rolle des chinesischen Yuan als neue Handelswährung anerkannt. Überlegungen über eine neue, durch Gold oder Rohstoffe gedeckte Reservewährung gehen weiter.

Dazu passt auch die diplomatische Offensive Russlands und Chinas zur Neugestaltung weiter Teile Westasiens und Afrikas. Nicht zufällig trafen einen Tag vor Xi über 40 Delegationen aus Afrika in Moskau ein, um unter dem Titel „Russland-Afrika in der multipolaren Welt” den zweiten Russland-Afrika-Gipfel im kommenden Juli vorzubereiten. Und Putin wählte exakt diesen Zeitpunkt, um afrikanische Schulden in der Höhe von mehr als 20 Milliarden Dollar zu erlassen und anzukündigen, dass russisches Getreide kostenlos nach Afrika geliefert werde.

Im islamischen Raum agieren Russland und China offensichtlich bereits gemeinsam. Die Annäherung zwischen Saudi-Arabien und dem Iran wurde von Russland in Bagdad und im Oman in die Wege geleitet, das spektakuläre Abkommen zwischen den beiden bisher verfeindeten Staaten schließlich in Peking unterzeichnet. Und Putin koordiniert auch die Verhandlungen über eine Annäherung zwischen Syrien und der Türkei.

Historisch

Dem Moskauer Gipfel von Xi und Putin dürfte historische Bedeutung zukommen, denn er besiegelt demonstrativ, dass China und Russland umfassende strategische Partner sind. Sie haben sich mit diesem Gipfel darauf festgelegt, die globale Vorherrschaft der USA geoökonomisch und geopolitisch herauszufordern.

1990 hatte der damalige US-Präsident George Bush senior vor beiden Kammern des US-Parlaments eine „Neue Weltordnung“ proklamiert und den US-Anspruch auf alleinige Weltmacht erhoben. 1992 hatten der einflussreiche US-Politikwissenschaftler Francis Fukuyama dem endgültigen Sieg des westlich-liberalen Kapitalismus behauptet, das „Ende der Geschichte“ ausgerufen, da alle „großen Fragen endgültig geklärt“ seien. Diese Epoche, die unipolare Welt, ist nun zu Ende.

Die neue Welt, die diese Woche in Moskau geboren wurde, ist multipolar. Das US-Imperium und seine ökonomisch, politisch und militärisch repressive Ordnung werden zurückgedrängt. Die militärische Konfrontation in der Ukraine ist der Katalysator für diese Entwicklung. Mit dem Gipfel in Russland wird der wirtschaftliche, politische und zivilisatorische Kampf auf eine neue Stufe gehoben.

Das niedergehende US-Imperium wird sich freilich nicht kampflos geschlagen geben. Dementsprechend sagte Xi bei seiner Abreise zu Putin: „Pass auf dich auf, lieber Freund!“

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