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Meldung Nummer 230331-99-161105/4
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Meldung Nummer 230331-99-161105/4

Foto: Pexels, Mike van Schoonderwalt
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Durch jahrzehntelange Einsparungsprozesse in den Redaktionen hat sich der Agentur-Journalismus durchgesetzt. Aber kann man von einer Gleichschaltung der Medien sprechen? Ein Erklärungsversuch anhand einer dpa-Meldung.

Der Agentur-Journalismus in Sachen Corona läuft wieder zu Höchstform auf. In nahezu allen deutschsprachigen Onlinezeitungen und Nachrichtenportalen kursiert derzeit ein Text unter dem Titel „Warum Querdenker meinen, doch recht gehabt zu haben“, wahlweise auch mit den Voranstellungen „Faktencheck“ oder „Recherche“, selten auch unter semi-eigenständigen Titel-Varianten wie „Hatten die Querdenker am Ende doch Recht? Der große Faktencheck“.

Der Text erschien um den 2. April herum in hunderten regionalen wie auch überregionalen Zeitungen und Magazinen. Er gibt im wohlbekannten Propagandaformat des Faktenchecks vor darzulegen, dass die Querdenker – gruppenspezifische Diskriminierung, war da was? – sich irren, wenn sie nun behaupten, von Anfang an recht gehabt zu haben. Inhaltlich ist auf die verschwurbelte Argumentation des Textes schon in verschiedenen Blogs reagiert worden, insbesondere mit Bezug auf den auch bei paul brandenburg: schwarz auf weiß veröffentlichten offenen Briefs des Immunologen Dr. Kay Klapproth.

In der Meldung der Deutschen Presse-Agentur (dpa) wird auf zwei zwielichtige Quellen Bezug genommen: auf das International Fact-Checking Network (IFCN) und das Center für Monitoring, Analyse und Strategie (Cemas). Erstere ist eine Organisation, die unter anderem für facebook, ABC News und die Washington Post das Herausfiltern von fake news übernimmt, und vom Poynter Institute for Media betrieben wird. Anlässlich des vom IFCN durchgeführten International Fact Checking Days hat die dpa drei Behauptungen der ‚Impfgegner und Querdenker’ überprüft, um sie in einem Faktencheck zu entkräften – was kläglich gescheitert ist und angesichts der sich konsolidierenden wissenschaftlichen Forschungen nur noch als grotesk bezeichnet werden kann. Die zweitere, das Cemas, ist eine gemeinnützige GmbH mit Sitz in Berlin, die unter anderem von der Alfred Landecker Foundation gefördert wird, und wie viele der ideologiegeleiteten digitalen Propagandaklitschen ihre Zensuraktivitäten als unabhängige Kontrolle der medialen Berichterstattung verkaufen will.

Dimension und die Reichweite der Corona-Propaganda

Neben der inhaltlichen Substanzlosigkeit des sogenannten Faktenchecks und seiner Ignoranz gegenüber dem Stand der Wissenschaft – wohlgemerkt auch schon gegenüber dem Stand der Wissenschaft zu Beginn der angeblichen Pandemie – , ist der Fall auch interessant, weil sich an ihm die Dimension und die Reichweite der Corona-Propaganda so deutlich zeigt. Am 2. April erscheint der Text im Laufe des Tages wortgleich auf hunderten deutschsprachigen Nachrichtenseiten, zumeist zwischen 8:08 Uhr und 8:11 Uhr. Dazu gibt es auch eine ganze Anzahl an Nachzüglern im Laufe des Tages und am Folgetag; vermutlich zeigt sich hieran der jeweilige Grad der digitalen Integration der betreffenden Seiten in die Maschinerie des Agentur-Journalismus.

Es gibt auch einige wenige Versionen des Textes, die früher veröffentlicht wurden. Bereits am 29. März erscheint ein Beitrag unter dem Titel Corona-Pandemie: Masken, Impfen, Nebenwirkungen: Hatten die „Querdenker“ recht? Und zwar der Faktencheck auf der Seite der Südwest Presse, der in großen Teilen mit dem ab dem 2. April verbreiteten Text übereinstimmt. Lediglich einige Satzteile und Begrifflichkeiten unterscheiden sich, und auch die Gliederung stimmt noch nicht mit der massenhaft veröffentlichten kanonischen Form des Textes überein.

Man könnte hierbei von einer Frühform des Textes sprechen, für den die Südwest Presse als Quellen dpa und swp angibt, das heißt auch ihre eigene Autorenschaft für den Text reklamiert. Ob dieser Text Vorlage oder Frühversion der dpa-Meldung ist, lässt sich aus den Angaben auf der Seite nicht ersehen.

In einer anderen frühen Veröffentlichung des Textes auf Tagesspiegel Online stehen die Aussagen der CemasMitarbeiterin Lea Frühwirth im Zentrum, der Verweis auf die durch die dpa ‚geprüften’ Behauptungen der Querdenker fehlt noch. Trotzdem tauchen aber Passagen der Textteile, die später dem dpa-Faktencheck zugeordnet werden, auch schon im Text des Tagesspiegels auf.

Mit der Kennzeichnung der Autorenschaft des Textes gehen die Seiten insgesamt sparsam um. Wenn etwas dazu angegeben ist, dann wird als Quelle dpa genannt, manchmal zusammen mit dem Hinweis auf Sebastian Fischer als Autor der Meldung, der seit 2019 Leiter des Hauptstadtbüros des Spiegels ist und zugleich offenbar auch für die dpa arbeitet.

In englischen Versionen des Textes wie zum Beispiel auf der Seite 24hoursworlds.com, die allem Anschein nach aus einer maschinellen Übersetzung besteht, und auch am 2. April veröffentlicht wurde, wird als Quelle schlicht „Stern“ angegeben, womit der Text für die englischsprachigen Leser die Schwelle von der Agentur-Meldung zum redaktionellen Inhalt eines großen deutschen Magazins überspringt.

Rationalisierungsprozesse

Auch wenn das Muster des Framings durch Fakten-Checks mittlerweile hinlänglich bekannt ist, lässt dieser Fall der dpa-Meldung mit der Kennung dpa:230331-99-161105/4 ob seiner Omnipräsenz schon beinahe an eine Gleichschaltung der Presse denken. Diese Gleichschaltung geschieht nicht auf direkte Anweisung einer zentralen Instanz, die ihre politische Ideologie mit allen Mitteln durchsetzt, sondern sie vollzieht sich kraft der ökonomischen Rationalisierungsprozesse, die schon länger andauern und in den Agentur-Journalismus aktueller Prägung münden.

Insbesondere die Redaktionen der regionalen Zeitungen können gar nicht mehr anders, als auf Agenturmeldungen zurückzugreifen, wenn sie ökonomisch konkurrenzfähig bleiben wollen. Durch die immer weiter voranschreitende digitale Integration entsteht so eine Kommunikationsmaschine, die der Propaganda Tür und Tor öffnet. Das wäre für eine freie, plurale Presse das eigentliche Thema, aber die Agentur, die dazu recherchiert und Meldungen herausgibt, muss wohl erst noch gegründet werden.

Jan Bovelet ist Gestalter, Ingenieur und Wissenstheoretiker. Promotion Philosophie an der TU-Berlin, zahlreiche Buch- und Zeitschriftenveröffentlichungen, Ausstellungen und künstlerische Projekte im In- und Ausland.

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