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Karin Kneissl: „Die Rückeroberung der Krim ist eine Utopie“
Unipolar-Multipolar

Karin Kneissl: „Die Rückeroberung der Krim ist eine Utopie“

Zwei Kampfjets

Foto: Pixabay/Robert Waghorn

Bis Ende dieses Jahres sollen F16-Kampfjets an die Ukraine geliefert werden. Der Politologe Hermann Ploppa und Österreichs Ex-Außenministerin Karin Kneissl haben in dem Podcast „Unipolar-Multipolar“ zu diesem Thema Stellung genommen.

Es ist noch kein Jahr her, da warnte US-Präsident Joe Biden davor, dass die Lieferung schwerer Offensivwaffen eskalieren könnte: „Das wäre der Dritte Weltkrieg“, sagte Biden damals. Nun sollen noch bis zum Ende dieses Jahres F16-Kampfjets an die Ukraine geliefert werden. Wofür diese final eingesetzt werden, ist noch unklar. US-Experten schätzen, dass die F-16 Kampfjets im Zusammenhang mit der Rückeroberung der Krim eingesetzt werden sollen. „Die Ukraine hat erklärt, dass sie beabsichtigt, die Krim zurückzuerobern, dass sie dies aber lieber unblutig tun würde“, erklärte Brynn Tannehill, Analyst der RAND-Corporation.

„Die Rückeroberung der Krim ist eine Utopie“, erklärt wiederum Österreichs Außenministerin a.D., Karin Kneissl, in der aktuellen Folge von „Unipolar-Multipolar: Der Podcast für Geopolitik“. Außerdem führt sie aus, dass der Einsatz dieser Kampfjets auch technisch und logistisch kaum realisierbar sei: „Der Einsatz von F16-Kampfjets auf ukrainischem Boden ist kaum machbar, denn dafür braucht es lange und gut funktionierende Startbahnen, die in der Ukraine schlichtweg nicht vorhanden sind“. Dem pflichtet der Politologe und weitere Gast der Sendung, Hermann Ploppa, bei und führt aus, dass es „zahlreiche technische Probleme“ gäbe. Die Infrastruktur “ist überhaupt nicht vorhanden“. Für Ploppa stellt sich im Zuge der Lieferungsankündigung viel mehr die Frage, ob der Krieg damit auf russisches Territorium ausgeweitet wird.

Bisher haben westliche Politiker stets betont, sie seien dagegen, dass Kiew die aus dem Westen gelieferten Waffen für Angriffe auf russisches Gebiet nutze, weil das die NATO in den Krieg hineinziehen würde. Nun hat John Kirby, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates im Weißen Haus, einen Kurswechsel vollzogen und der Ukraine offiziell grünes Licht für Angriffe auf russisches Gebiet mit den aus dem Westen gelieferten Waffen gegeben. Konkret führte er aus: „Sobald wir den Ukrainern die Systeme zur Verfügung stellen, und das ist ein wichtiger Punkt, können sie selbst entscheiden, was sie damit machen wollen. Sie haben uns zugesichert, dass sie unsere Ausrüstung nicht für Angriffe innerhalb Russlands verwenden werden. Aber wenn sie ihnen übergeben werden, gehören sie ihnen.“ Dazu passt, dass Anfang letzter Woche Moskau mit Drohnen beschossen wurde. „Das könnte ein vorläufiger Wendepunkt im Kriegsgeschehen sein“, betont Kneissl und führt aus, dass Russland mit derartigen Aktionen nur noch schärfer zurückschlagen werde.

Ploppa und Kneissl kommen auch über die aktuelle Konfliktlage im Kosovo zu sprechen. „Zunächst muss man betonen, dass der Kosovo ein widerrechtlich von der westlichen Gemeinschaft annektierte Provinz von Serbien in der einstigen Republik Jugoslawien ist“, führt Ploppa aus. Es stellt sich jedoch die Frage, zu welchem Zweck diese Annexion durchgeführt wurde, die heute zu den Unruhen geführt hat, die den Balkan zu einem Pulverfass machen. „Die Annexion des Kosovo diente nur dem einen Zweck, dort Militärbasen der US-Armee zu stationieren, um dem Endziel US-amerikanischer Außenpolitik, Russland zu zerlegen, näher zu kommen“, so die Einschätzung des Politologen.

Karin Kneissl erläutert weiterführend, dass die Abspaltung des Kosovo und der Krieg mit Serbien 1999 bis heute „sehr tief in der Wahrnehmung Russlands verankert ist“. Es werde nicht vergessen, wie damals von den Westmächten geltendes Völkerrecht gebrochen worden sei. Der russische Außenminister Sergej Lawrow warne daher mit Blick auf den Konflikt im Kosovo vor einer „tickenden Zeitbombe“, die jederzeit explodieren könnte. Die Rolle Serbiens sei dabei von besonderer Bedeutung, erläutert Kneissl, da sich das Land, ähnlich wie die Türkei, nicht den „unilateralen Sanktionen des Westens“ angeschlossen habe und daher von europäischer Seite massiv unter Druck geraten sei. Es sei eine „alte Front wieder aufgebrochen“, die sogenannten „eingefrorenen Konflikte“ können jederzeit aus dem „Eisschrank der Geschichte“ herausbrechen und wieder zu einem heißen Konflikt werden, so die ehemalige Außenministerin. Ob es nun zu einer Eskalation kommen kann, lassen die beiden Gesprächspartner offen – zu fragil und undurchsichtig sei die gegenwärtige Weltlage.

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