Offiziell gibt es keine Sanktionen gegen russische Kernenergie. Es bedarf ihrer auch nicht, um das Atomgeschäft zu übernehmen, wie der Fall Bulgarien zeigt.
Der US-amerikanische Konzern Westinghouse Electric Company hat mit dem bulgarischen Atomkraftwerk in Kosloduj einen Vertrag über den Bau eines neuen Reaktors unterzeichnet. Das teilte am Donnerstag das Bulgarische Nationalradio (BNR). Zuvor sei bereits eine Vereinbarung über die Lieferung von Kernbrennstäben getroffen worden.
Das Atomkraftwerk russischer Bauart an der Donau ist das einzige in Bulgarien. Es liefert ein Drittel des bulgarischen Strombedarfs. Bisher wurde es von Rosatom mit Kernbrennstäben beliefert. In einer Erklärung teilte der staatliche russische Konzern mit, dass er dies auch in Zukunft tun möchte. Man stehe mit der bulgarischen Seite in ständigem Kontakt und sei bereit, auf alle aufkommenden Anfragen zu reagieren, so Rosatom.
Anfang Mai hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nach seiner Rückkehr von einem zweitägigen Besuch in Kiew bekanntgegeben, dass Länder, die Uran aus Russland für ihre Kernkraftwerke beziehen, mit Sanktionen rechnen müssten. Zuvor hatte der bulgarische Präsident Rumen Radew verlautbaren lassen, dass er die Aufnahme von Kernbrennstoffen in die Sanktionsliste gegen Russland nicht akzeptieren werde.
Wörtlich sagte Radew: „Wir können Sanktionen in der Kernenergie nicht akzeptieren, weil sie sich direkt auf unsere Kernenergie auswirken. Das wird auf keinen Fall passieren. Wo unsere Interessen bedroht sind, insbesondere in der Kernenergie, sind wir sehr vorsichtig und überwachen die Dinge. Wenn nötig, werden wir ein Veto gegen die Aufnahme von Kernbrennstoffen in die Sanktionsliste gegen Russland einlegen.“
Die stellvertretende Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin der Ukraine, Julia Sviridenko, bestand bisher darauf, dass der staatliche Atomkonzern Rosatom in die Sanktionen gegen Russland einbezogen werde. Sie nahm am Treffen der Ständigen Vertreter der EU im Februar in Brüssel teil. Im selben Monat deuteten auch andere EU-Länder an, dass sie gegen Sanktionen gegen die russische Atomenergie ihr Veto einlegen würden. Die Verabschiedung der restriktiven Maßnahmen erfordert die Einstimmigkeit aller Mitgliedsländer.
Für den deutschen Wirtschaftsminister Habeck war dies in keiner Weise akzeptabel: „Es sollte jedem klar sein, dass es sich bei solchen Aktionen nicht um ein Versteckspiel oder einen Bagatellverstoß handelt, sondern um Sanktionen, die letztlich dazu beitragen sollen, den Krieg zu beenden.“ Anfang April noch waren laut Deutschlandfunk „Uran-Sanktionen gegen Russland kurzfristig nicht machbar“.