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Pauschale Mitschreibeverbote bei Prozessen nicht zulässig
Justiz

Pauschale Mitschreibeverbote bei Prozessen nicht zulässig

Mehrere Menschen schreiben mit.

Foto: Pixabay/difisher

Derzeit laufen sehr viele Verfahren gegen Maßnahmenkritiker. Die Zuschauer wollen dabei oftmals mitschreiben, dürfen es aber nicht. Die Begründungen fallen meist pauschal aus – und verstoßen gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz.

Der Kölner Rechtsanwalt Dirk Sattelmaier kritisiert die deutschen Gerichte. Immer wieder verböten sie „vor allem in Verfahren gegen Maßnahmenkritiker pauschal sämtlichen Zuschauern, sich handschriftliche Notizen zum Verfahren zu machen“, schreibt er in seinem Telegram-Kanal. Der Strafverteidiger verweist dabei vor allem auf die regelmäßigen Verbote des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, über die das Nachrichtenportal Legal Tribune Online berichtete. Demnach werde nicht nur der interessierten Öffentlichkeit nicht gestattet mitzuschreiben, sondern auch Prozessbeobachtern aus Kanzleien oder Vertretern von Menschenrechtsorganisationen.

Als Begründung soll das Oberlandesgericht Frankfurt am Main stets anführen, dass eine „allgemeine Gefährdung der Wahrheitsfindung“ vorliege. Ausnahmen lässt es nur zu im Einzelfall zu, und selbst dann nach vorheriger Antragstellung. Allerdings schreibt der § 169 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) vor, dass der dort normierte Grundsatz der Öffentlichkeit in jedem Strafprozess zwingend zu wahren ist. Das gilt nicht nur bei Medienvertretern, sondern auch bei den übrigen Zuschauern. Im Zusammenspiel mit dem Öffentlichkeitsgrundsatz ist es ihnen grundsätzlich erlaubt, Mitschriften anzufertigen – quasi als Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG).

Pauschale Mitschreibeverbote wie die des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main sind daher unzulässig. Wenn ein Gericht wieder ein solches gegenüber den Zuschauern ausspreche, rät Dirk Sattelmaier, so sollte die Verteidigung dies protokollieren, „um es später im Rahmen einer Revision als sog. Verfahrensrüge monieren zu können.“ Er verweist dabei auf den § 338 Nr. 6 Strafprozessordnung (StPO).

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