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Gesundheit im Visier der Heuschrecken
Gesundheitspolitik

Gesundheit im Visier der Heuschrecken

Symbolbild

Foto: Pixabay, Alexa

Eine aktuelle Studie zeigt: Bei Medizinischen Versorgungszentren steht häufig das Geldverdienen im Vordergrund. Das erhöht den Druck auch auf die Beschäftigten, von denen viele nicht nach Tarif bezahlt werden.

Private Investoren breiten sich im Gesundheitswesen aus und übernehmen gern Medizinische Versorgungszentren (MVZ). Diese werden auf maximalen Gewinn getrimmt und nach kurzer Zeit weiterverkauft. Darauf macht eine aktuelle Studie aus der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung aufmerksam.

„Die ambulante medizinische Versorgung in Medizinische Versorgungszentren ist in den letzten Jahren zunehmend von einem Wandel der Träger- und Eigentumsstrukturen und einem wachsendem Kostendruck geprägt“, stellen die Autorinnen Katharina Schöneberg und Katrin Vitols vom Beratungsunternehmen WMP Consult fest. „Die Folge sind eine angespannte finanzielle Lage und eine verstärkte Gewinnorientierung, verbunden mit weitgehenden Auswirkungen auf Strukturen und wirtschaftliche Entwicklungen und auf die Beschäftigten.“

Die Ausrichtung auf den Profit treffe nicht nur die MVZ, sondern ebenso Kliniken und Krankenhäuser. Das bekommen neben den Patientinnen und Patienten auch die Beschäftigten zu spüren. „Der Kostendruck wirkt sich negativ auf die Arbeitsbedingungen sowie die Vergütung der Beschäftigten in MVZ aus“, So die Autorinnen gegenüber dem Informationsdienst Böckler Impuls.

Die Forscherinnen haben danach zum einen die Struktur und die wirtschaftliche Entwicklung der Branche untersucht, zum anderen, wie es den Beschäftigten in MVZ im Hinblick auf Arbeitsbedingungen, Qualifizierung, Digitalisierung, Mitbestimmung und Zukunftsaussichten ergeht. Sie haben Literatur ausgewertet, Interviews mit Experten und Expertinnen geführt und Beschäftigte sowie ihre Interessenvertretungen befragt.

Profit als Hauptmotiv

In einem MVZ sind Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen unter einem Dach ambulant tätig. Grundlage ist das gesundheitspolitische Prinzip „ambulant vor stationär“. Die Einrichtungen werden unter anderem von Krankenhäusern, Praxisnetzwerken, gemeinnützigen Trägern oder Kommunen betrieben.

Seit ihrer Einführung im Jahr 2004 ist die Zahl der MVZ laut Impuls kontinuierlich gestiegen, von 70 auf über 3.800 Ende 2020. Etwa 24.000 Ärzte sind in den Einrichtungen beschäftigt. „In den vergangenen Jahren ist ein zunehmender Konzentrationsprozess zu beobachten“, heißt es. „Einzelne MVZ werden aufgekauft und zu Ketten zusammengeschlossen. Wesentliche Treiber dieser Entwicklung sind internationale Finanzinvestoren wie Private-Equity-Gesellschaften, aber auch private Kliniken und börsennotierte Gesundheitskonzerne tragen dazu bei.“

Die gesamte Anzahl der MVZ im Besitz von Private-­Equity-Gesellschaften, den „Heuschrecken“, könnten aufgrund fehlender Daten zu den Eigentümerstrukturen nur näherungsweise bestimmt werden. Schätzungen würden für das Jahr 2020 von knapp 1000 Standorten ausgehen. Die Investoren stürzen sich den Angaben nach auf lukrative Fachrichtungen, wie zum Beispiel Zahnmedizin, ebenso Radiologie, Kardiologie, Orthopädie und inzwischen die Allgemeinmedizin. 

Die Studie nennt als Folgen für die Beschäftigten der MVZ zunehmende Arbeitsverdichtung, emotionale und körperlichen Belastungen und Mehrarbeit. Die Autorinnen fordern, vor allem die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Das sei auch notwendig, um den zunehmenden Fachkräftemangel zu bewältigen. „Insbesondere gilt eine verbesserte Bezahlung als Voraussetzung für Fachkräftegewinnung und -bindung.“

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