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Wollen SPD, Grüne und FDP Entscheidungbefugnisse gleich an die WHO abgeben?
Gesundheitspolitik

Wollen SPD, Grüne und FDP Entscheidungbefugnisse gleich an die WHO abgeben?

Foto: Pexels, Asad Photo Maldives

Die Weltgesundheitsorganisation feiert ihr 75-jähriges Bestehen und steht vor weitreichenden Reformen. Nach einem gemeinsamen Antrag der Bundestagsfraktionen von SPD, Grünen und FDP soll die WHO mit noch weitreichenderen Vollmachten und mit noch mehr Geld ausgestattet und das Zentrum einer neuen globalen Gesundheitspolitik werden.

In einem aktuellen Antrag sprechen sich die Bundestagsfraktionen von SPD, Grünen und FDP für eine Stärkung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus. Sie fordern eine deutliche Erhöhung der Pflichtanteile der Mitgliedstaaten und die Unterstützung von Reformen, um die Führungs- und Koordinierungsfunktion der WHO im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu stärken.

Geldgeber bestimmen den Kurs der WHO

Das Einfrieren der Pflichtbeiträge der Mitgliedsstaaten hatte in den vergangenen 30 Jahren dazu geführt, dass in der WHO der Einfluss privater Stiftungen und Konzerne erheblich gewachsen ist. Darüber hinaus sind über 80 Prozent der verfügbaren Mittel inzwischen zweckgebunden. Das bedeutet, die Geldgeber der WHO haben maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen und Programme der WHO. Und nicht selten stecken eigene wirtschaftliche Interessen dahinter.

Damit ist die WHO längst nicht mehr unabhängig. In dieser Sonderorganisation der Vereinten Nationen hat sich eine intransparente und aufgeblähte Struktur entwickelt, in der private, kommerzielle und öffentliche Geldgeber den Kurs bestimmen. Der ursprüngliche Auftrag der Weltgesundheitsorganisation lag in der Bewältigung globaler Gesundheitsherausforderungen und der Förderung der allgemeinen Gesundheit. Wollte die WHO sich dieser Aufgabe wieder glaubhaft widmen, gelänge das nur durch Reformen, die auf die Wiederherstellung ihrer Unabhängigkeit abzielten. Aber mehr staatliches Geld, wie von den Ampelfraktionen in ihrem Antrag gefordert, wird die WHO nicht unabhängiger machen.

Es spricht auch nicht viel dafür, dass die Verantwortlichen in der WHO an mehr Unabhängigkeit überhaupt interessiert sind. Mittlerweile engagieren sich Unternehmen ganz offen in den Arbeitsgruppen der Organisation, in denen die wichtigsten Entscheidungen getroffen werden. Gesundheitsprogramme und Impfpartnerschaften werden zwischen WHO und Pharmakonzernen – die selbstverständlich ihre Anleger zufriedenstellen müssen – abgestimmt. Ob dabei das Recht auf individuelle Gesundheit den kommerziellen Interessen der Konzerne untergeordnet wird, scheint bei der WHO niemanden zu interessieren.

Intransparente und undemokratische Organisation

Leider zielen die gegenwärtigen Reformbemühungen innerhalb der Weltgesundheitsorganisation daher hauptsächlich darauf ab, ihre Durchsetzungsfähigkeit gegenüber den Mitgliedsstaaten zu stärken. In den Verhandlungen über die Novellierung der Internationalen Gesundheitsvorschriften will die WHO die Mitgliedsländer davon überzeugen, dass ihre Anordnungen in Zukunft rechtlich bindend sein sollen und über regionalen Gesundheitsvorschriften stehen müssen.

Die Ampel-Fraktionen stimmen in ihrem Antrag dieser Ermächtigung der WHO ausdrücklich zu und raten globalen Gesundheitsakteuren, die Führungsrolle der Weltgesundheitsorganisation anzuerkennen. Die Mitgliedstaaten sollten der WHO dabei sogar in regionalen Gesundheitsfragen Vorrang einräumen. Hier wird schon mal vorbereitet, was alle in Zukunft gefälligst zu beherzigen haben: Die WHO weiß immer, was das Beste für uns alle ist.

Die staatlichen Autoritäten haben sich in den vergangenen drei Jahren die Begründungen für ihre massiven Grundrechtseingriffe und Zwangsmaßnahmen gerne und regelmäßig von der Weltgesundheitsorganisation geborgt. Der Bundestag wie auch alle Landesparlamente hatten sich in den Jahren der Corona-Krise selbst entmächtigt – indem Abgeordnete eilfertig die Regierungen mit umfangreichen Vollmachten ausgestattet haben. Wenn es nach den Abgeordneten von SPD, Grünen und FDP geht, kann man sich diesen unbequemen Umweg in Zukunft einfach sparen und Entscheidungbefugnisse gleich direkt an die WHO abgeben. Dann hätten auch die Regierungen endlich ihre Ruhe und die globale Gesundheitspolitik läge komplett in der Hand einer intransparenten und undemokratischen Organisation, die von den Interessen ihrer Geldgeber gelenkt wird.

Dr. Kay Klapproth ist Biologe mit Schwerpunkt Immunologie. Er hat viele Jahre in Forschung und Lehre gearbeitet, zuletzt als akademischer Rat der Universität Heidelberg.

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