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Die Nacht des Grundgesetzes
Gedenktag

Die Nacht des Grundgesetzes

Mir ReichTs Bürger – Schild auf einer Demonstration in Berlin 2022

Foto: Sophia-Maria Antonulas

Über hehre Texte, hohe Ansprüche und nüchterne Verfassungsrealitäten 74 Jahre nach der Verabschiedung des Grundgesetzes. Ein Kommentar von Paul Brandenburg.

Zu den stabilsten Schwächen der Menschen zählt, dass sie die Eigenschaften stets beteuern, die sie am wenigsten besitzen. „Ehrlichen Maklern“ ist aus diesem Grund ebenso zu misstrauen, wie „frommen Christen“; jedenfalls sofern die Betreffenden sich selbst als solche bezeichnen. Sie sind, um das Wort einer Kollegin zu bemühen, ähnlich verdächtig, wie ein „garantiert echter Fünfziger“.

In dieser Tatsache mag der Grund liegen, dass die hehrsten Texte der Menschheit stets zur Rechtfertigung der schrecklichsten Grausamkeiten herhalten mussten. Ob Bibel oder Tora: In den Händen der Falschen sind beide das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Selbst das an Fehlleistungen reiche Christentum hat darauf zutreffend gefolgert, dass einem nackten Text nie höherer Wert zukommt, schon gar kein göttlicher. Stets bedarf er der Lauterkeit seines Rezipienten, vor allem seiner Anwender.

Geübte Praxis

Darin besteht denn auch das Drama unseres Grundgesetzes. Es ist einerlei, ob dieses Grundgesetz vom 23. Mai 1949 auch formal eine Verfassung ist. Nicht wenige bestreiten das und verweisen auf den Wortlaut. Sie haben recht: das Grundgesetz ging historisch davon aus, dass es „seine Gültigkeit an dem Tage (verliert), an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist“. Dass es bis heute nicht dazu gekommen ist, tut aber nichts zur Sache. Das ist so unerheblich wie die das Fehlen eines Trauscheines für die Beziehung zwischen zwei Menschen. Dieses Grundgesetz ist durch geübte Praxis die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland.

Diese Verfassung erhebt in Inhalt und Aufbau den höchsten Anspruch an die Lauterkeit unseres Staates und seiner Funktionäre. Selbst in der besten aller Welten würde bei ihrer Umsetzung stets ein Defizit bleiben. Was wir heute aber, 74 Jahre nach Verabschiedung unserer Verfassung erleben, kann mit diesem Begriff nicht mehr gefasst werden.

Unsere Verfassung von 1949 will demokratische Willensbildung des Volkes – unter Mitwirkung der Parteien. Unsere Realität 2023 ist eine faktische Alleinherrschaft der Parteien, schlimmer noch: ihrer Präsidien. Diese entscheiden im Wesentlichen allein über die Besetzung aller wichtigen Instanzen. Sie haben die Korruption zur Herrschaftsform gemacht und jede demokratische Kontrolle außer Kraft gesetzt. Wahlen ignorieren oder fälschen sie nach belieben und bemühen sich inzwischen nicht einmal, ihre Käuflichkeit sowie die Verachtung für das Volk, das sie ausbeuten, noch zu tarnen.

Absolutismus der Exekutive

Unsere Verfassung von 1949 will Gewaltenteilung. Unsere Realität 2023 ist ein Absolutismus der Exekutive: Marionettenjustiz und Marionettenparlamente unter dem Vorsitz von Stiefelknechten aus den Parteienkadern vollstrecken, was ihnen geheißen wird. Ganz offen und mit Geifer im Gesicht verhöhnen sie die Gesetze und brechen sie täglich.

Unsere Verfassung von 1949 unterwirft alle staatliche Gewalt und das Handeln ihrer Träger dem Vorrang der Menschenwürde. Unsere Realität 2023 ist ein Apparat von Staatsterroristen mit und ohne Uniform. Durch die Straßen lässt er sie mit Autos Kinder jagen und mit Sondereinheiten Kritiker im Leben bedrohen.

Deutschlands Verfassungsrealität 2023 ist ein Regime von Mördern, Betrügern und Imbezilen. Eine Verfassungsrealität, für die unser Grundgesetz von 1949 das Recht des Widerstandes vorgesehen hat. Ein Regime der Korruption und der Menschenverachtung, das wie so oft in der Geschichte beweist: Jeder Text ist bestenfalls so viel Wert, wie seine Leser.

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