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„Auszuwandern war keine Kurzschlusshandlung“
Porträt

„Auszuwandern war keine Kurzschlusshandlung“

Künstlerduo: Katharina Sandig und Ralf Gottesleben,

Ein Gespräch mit dem Künstlerduo Sago über die Luft zum Atmen, glückliche Zufälle und wie Ihre Ideen auf der dänischen Insel Als Wirklichkeit werden.

Können Sie sich bitte kurz vorstellen?

Wir sind Isabel Katharina Sandig und Ralf Gottesleben, ein Künstlerduo aus dem Ruhrgebiet, und nun mit dem Ausbau einer Begegnungsstätte in Dänemark beschäftigt. Wir sind immer unterwegs, sowohl innerlich als auch äußerlich und im Dezember 2021 sind wir aus Deutschland ausgewandert und nun mit Leib und Seele hier auf unserem Hof in der Nähe von Sønderborg angekommen.

Warum haben Sie Deutschland den Rücken gekehrt?

Wir hatten, um mit Kafka zu sprechen, nur noch das Ziel „weg von hier“. Das war unser Empfinden als Mensch, gleichsam als Kunstschaffende. Wir hatten einfach keine Luft mehr zum Atmen, in so einem Zustand lässt es sich nicht leben.

Weshalb haben Sie sich ausgerechnet für Dänemark entschieden? Wo sind wir hier?

Durch schicksalhaft glückliche Zufälle fiel unsere Wahl aufs Nachbarland. Und dieses wunderbare Fleckchen Erde hier heißt Taskland. Es liegt auf der Insel Als, in einem Gebiet, das gerne die dänische Südsee genannt wird.

Für uns war es Liebe auf den ersten Blick. Die Nähe zum Wasser, der parkähnliche Garten mit den Obstbäumen sowie das Ambiente der Häuser. Alles hat uns direkt in seinen Bann gezogen. Es passt alles zusammen – wie in einem Lebenspuzzle. Dass wir 2004 den dänischen Kaj Munk-Prisen [einen Kunstpreis] bekommen haben, war im Rückblick gesehen letztlich nur ein weiterer Baustein auf unserem Weg hierhin.

Was soll hier auf diesem Hof entstehen?

Früher war der Hof Gaststätte, Stall und Tanzsaal zugleich. Heute restaurieren wir die Gebäude von Grund auf und wollen Raum schaffen für Begegnung jedweder Art: Musik, Theater, Vorträge, Seminare und Diskussionsrunden. Erst mal ist alles möglich. Zudem werden wir zeitnah auch Ferienunterkünfte, wie zum Beispiel ein Tiny House, anbieten.  

Haben sich in der neuen Heimat Ihre Hoffnungen erfüllt? Konnten Sie schon Wurzeln schlagen?

Wir fühlen uns hier willkommen und zur richtigen Zeit am rechten Ort – ganz im Sinne von „Kairos“ – wir schlagen Wurzeln und bauen an diesem Kunstwerk. Umso befreiender, dass wir das Gefühl haben, hier gebraucht zu werden.

Wie hat die dänische Regierung während der Corona-Krise agiert? Gibt es hier eine Aufarbeitung?

Die dänische Regierung hat sich öffentlich für den medialen Umgang mit der Corona-Zeit entschuldigt: „Wir haben versagt“. Das war aber erst der Anfang. Um diese schwere Zeit aufzuarbeiten, braucht es viel mehr.

Für uns gab es zu keinem Zeitpunkt Druck von außen. Im Februar 2022 erklärte Dänemark, als eines der ersten Länder, Corona für null und nichtig. Das war ein Lichtblick und bestärkte uns in unserer Entscheidung.

Wie sieht Ihre Bilanz nach 18 Monaten Exil aus?

Wir sind glücklich, hier zu sein, und stürzen uns täglich neu in dieses Abenteuer, das alle unsere Kräfte und Fantasie erfordert. Von ganzem Herzen Dank sagen möchten wir allen Menschen, die uns dabei unterstützen, in welcher Form auch immer. Das Gefühl, gemeinsam eine Idee Wirklichkeit werden zu lassen, ist erhebend und großartig zugleich. Auszuwandern war keine Kurzschlusshandlung. Und für alle die Zweifel daran hatten: Wir bleiben!

Sind Sie in Dänemark und/oder in Deutschland noch in der Widerstandsbewegung aktiv?

Ja, das sind wir. Auf unsere Weise. Wir netzwerken viel und führen viele Diskussionen miteinander. Immer wieder kommen uns Menschen besuchen, die auch auf der Suche sind – manchmal nach einer Auszeit auf dem Land. Hier kann man wirklich Kraft und frische Energie tanken, und wir laden gerne helfende Hände ein, mit uns diesen besonderen Ort weiter zu gestalten. Hjærtelig Velkommen!

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