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Stopp Deportation!
Migration

Stopp Deportation!

Foto: Pexels/Shakhawat Shaon

Während der ewig sich erstreckenden Ferienwochen, da wir Knaben als Indianer sommers den Thüringer Wald durchstreiften, haben wir einmal am Boden die zerzausten Schwingen eines Bussards entdeckt. Die waren uns willkommen, um uns die braungestreiften Steuerfedern ins Haar zu stecken. Das war viel besser, wirkte viel echter, als die knallbunten Kopfputze aus dem Spielwarenladen.

Und dann fiel uns ein Kadaver zum Bestatten zu. Wenn wir auch nur die ausgeweideten Teile des Beutegreifers in unseren Knabenhänden hielten, so fühlten wir uns doch so, als wäre uns Sindbads Riesenvogel Roch vor die Füße gefallen. Mit den kurz zuvor vom Großvater geschenkten Äxten, Hirschfänger mit Rehfuß hatten wir auch erhalten, hieben wir einen daliegenden Baumstamm zum Totempfahl aus und bemalten ihn mit Kreide. Mit einiger Mühe richteten wir ihn über dem Loch auf, in dem wir zuvor die Reste des Vogels verscharrt hatten. Zum Schutz des Heiligtums huben wir ringsum einige Fallgruben aus. Unter dünnen Zweigen mit etwas Laub und Erde bedeckt, wurden sie getarnt. Dann erfolgte die Einweihung der Kultstätte mit einem ekstatischen Tanz. Rufend und hüpfend kreisten wir um das Mal, bis der Erzähler dieses Geschehens völlig überraschend in eine der selbst gegrabenen Fallgruben einbrach. Im Handumdrehen war die Weihe in eine Komödie gemündet.

Eine Posse

An dieses Umschlagen einer Kulthandlung in ein Possenspiel fühle ich mich stets erinnert, wenn ich beobachte, wie sich Unreife in Pathos hüllt. Schreckliche Kinder greinen: Refugees are welcome. Und diese sind ihnen ähnlich willkommen, wie es uns seinerzeit ein zerrupfter Bussardflügel war. Es beginnt ein törichter Tanz um eine neue Mitte. Aber sie spielen mit Menschenschicksalen und werden in die Grube fallen, die sie anderen gegraben haben.

Die Cuteness der Refugees motiviert den Anti-Abschiebekampf dieser juvenilen Spätestromantiker. Für den 1. bis 6. Juni 2023 kündigen sie im Umfeld des Flughafens Berlin-Brandenburg ein „Stop Deportation! Protest Camp“ an. Ich zitiere:

„Haltet eure Zelte und Schlafsäcke bereit! Nur noch ein paar Wochen bis zum Start des Stop Deportation! Protestcamps. Wir erwarten rund 500 Menschen, die im Camp schlafen werden: 6 Tage voller Workshops, Trainings, Podiumsdiskussionen mit dem Fokus auf die täglichen Realitäten des Anti-Abschiebe-Kampfes, ein Abendprogramm mit Live-Konzerten, Filmen und Theater. Für 3 Mahlzeiten pro Tag ist gesorgt, es gibt ein Kinderprogramm, Sport, eine Bibliothek und Ausstellungen. Schlaf in deinem Zelt neben dem Flughafen und am Ende gehen wir auf die Straße, um gegen das geplante Abschiebezentrum am Flughafen BER zu protestieren Stoppt alle Abschiebungen! Freizügigkeit ist das Recht eines jeden Menschen!“

Workshops, Trainings, Podiumsdiskussionen. Freizügigkeit ist der Fluch eines jeden Menschen. Lernet zeitig, klüger zu werden. Werdet erwachsen. Sterbt, bevor ihr sterbt.

Wankan Tanka gebietet Lew Schütz, dorthin zu reisen, um während eines der Livekonzerte das Mikrophon zu ergreifen und seinen Sang anzuheben: „Hallo, mein Name ist Sacheen Littlefeather, ich bin Apachin und Vorsitzende des National Native American Affirmative Image Committee, und ich stehe hier heute Abend für Marlon Brando.“

Menschliche Gespenster

Jedoch entziehe ich mich für diesmal noch dem großen Geheimnis, weil es ohnedies zu spät ist, die bereits erfolgte Deportation zu stoppen. Sie hat begonnen, indem man Menschen mit falschen und haltlosen Versprechungen ihrer angestammten Umgebung entfremdete, sie des immateriellen Erbes ihrer Heimat beraubt. Die deutsche Bundesrepublik der Entwurzelten war dabei schon immer dicke da. – Erst durch die BRD gibt es Deutschland, denn bis dahin und daneben erschien das Deutsche nur als Adjektiv der Reiche und Republiken: Heiliges römisches Reich deutscher Nation, Deutsches Reich, Deutsche Demokratische Republik; dagegen aber hochmütig: Bundesrepublik Deutschland.

Die weit über hundert Mauertoten, welche die BR Deutschland (mit) auf dem Gewissen hat, mussten immerhin nicht lange leiden. Anders als jene, die zu menschlichen Gespenstern wurden und weder hier noch dort eine Heimat finden konnten. Die Idiotie der Freiheit hat Siebenbürgen von Deutschen entblößt. Sie hat die sensiblen und zivilisierten Deutschböhmen der Bigotterie und Brutalität der Hinterwäldler in Schwaben und Bayern ausgeliefert und dann als Stimmvieh vor den Karren der BRD-Parteien gespannt. Sie hat auch, als es keine Nötigung dazu mehr gab, weiter der osteuropäischen Suppe das deutsche Gewürz entzogen, damit vor Ort Ödnis hinterlassen und Verödung in die Seelen der Vertriebenen wie der Zurückgebliebenen gebracht.

Das Umsetzen ganzer Bevölkerungsgruppen, Milieus und Religionsgemeinschaften ist nichts weiter als eine ethnische Säuberung. Ich verstehe die Empörung über die Corona-Regime nicht angesichts eines Regimes, in dem dieses Unbild vom Menschen bereits mit dem ersten Keim eingesät war. Die antideutsche Kapelle Slime grölt völlig zu Recht: „Deutschland muss sterben, damit wir leben können.“ In einem Reich leben, bedeutet, die Welt durch einen Kristall betrachten, so ähnlich schrieb Peter Handke, auch wenn es ihm gewiss nicht gefällt, dass es hier geschrieben steht. Howgh, ich habe gesprochen.

Lew Schütz ist studierter Kunstwissenschaftler und Kultursoziologe, der drei Jahrzehnte im Kulturamt einer großen Kreisstadt in Deutschland gearbeitet hat.

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