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Schuldenkrise und Ukraine
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Schuldenkrise und Ukraine

Foto: Pexels/Pixabay

Den USA droht mit Anfang Juni wieder mal die Zahlungsunfähigkeit. Ein wesentlicher Grund für die Krise sind die immensen Summen, die die USA für den militärisch-industriellen Komplex und für Kriege ausgeben.

Bereits im Januar hatten die USA das gesetzlich festgelegte Schuldenlimit etwas über 31 Billionen Dollar erreicht. Seitdem verhindert die US-Regierung von Joe Biden mit sogenannten „außergewöhnlichen Maßnahmen“ eine Zahlungsunfähigkeit.

Die Regierung will eine Anhebung der Schuldengrenze. Sie braucht dazu aber die oppositionellen Republikaner, die seit Herbst 2022 eine Mehrheit im Repräsentantenhaus haben. Finanzministerin Janet Yellen hat wiederholt aufgeregt gewarnt, die Zahlungsunfähigkeit könne schon am 1. Juni eintreten.

Laut dem Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, würden die Republikaner einer Anhebung des Schuldenlimits zustimmen, will aber dafür Einsparungen bei den Ausgaben zugesagt bekommen. Die Regierung hat den Republikanern zuletzt angeboten, das Haushaltsdefizit um vier Billionen Dollar über zehn Jahre zu reduzieren.

Politisches Spiel, Inflation und Verschuldung

Nun ist das aktuelle politische Spiel zwischen den beiden großen Systemparteien der USA nicht neu. Die Republikaner wollen die Regierung als unfähig vorführen, die Demokraten wiederum ihre Gegner als unverantwortlich hinstellen. Bei den zahlreichen ähnlichen Situationen in den letzten Jahren gab es dann stets eine Einigung „in letzter Sekunde“.

Darüber hinaus kann die US-Regierung natürlich einfach Geld drucken. Das hat freilich auch Nachteile. Neben einem Anheizen der Inflation ist vor allen die Stabilität der US-Währung zu nennen – in einer Zeit, in der der Dollar als weltweite Handelswährung ohnehin massiv unter Druck geraten ist.

Und schließlich ist die Entwicklung der US-Staatsverschuldung zu nennen. Im Jahr 2000 betrug sie 3,5 Billionen Dollar, was 35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entsprach. Im Jahr 2022 betrug die Verschuldung 24 Billionen Dollar, was 95 Prozent des BIP entsprach. Der rasante Anstieg der Verschuldung der USA ist ein Hintergrund der aktuellen Debatte.

Militärisch-industrieller Komplex

Beiträge zur Ausgabenexplosion der USA gibt es mehrere. Neben gigantischen bürokratisch-ideologischen Projekten der Biden-Administration (siehe etwa https://pbschwarzaufweiss.de/bericht/regierung-will-ideologische-gleichschaltung-erzwingen/) haben diverse Corona-Maßnahmen auch in den USA eine Menge Geld gekostet. Der mit Abstand größte Brocken sind aber die Militärausgaben der USA.

Der bekannte US-Ökonom Jeffrey D. Sachs liefert in seinem jüngsten Text zum Thema einige Daten: Nach Angaben des Watson-Instituts an der Brown University beliefen sich die Kosten der US-Kriege vom Haushaltsjahr 2001 bis zum Haushaltsjahr 2022 auf satte acht Billionen Dollar, also mehr als die Hälfte der zusätzlichen 15 Billionen Dollar Schulden. Die anderen sieben Billionen Dollar stammen zu etwa gleichen Teilen aus Haushaltsdefiziten, die durch die Finanzkrise 2008 und die Corona-„Pandemie“ verursacht wurden.

Sachs kritisiert, „sowohl den Republikaner als auch den Demokraten fehlt die Lösung: die Beendigung der von Amerika gewählten Kriege und die Kürzung der Militärausgaben. Der militärisch-industriellen Lobby die Stirn zu bieten, ist der entscheidende erste Schritt, um Amerikas Steuerhaushalt in Ordnung zu bringen.“

Um die Schuldenkrise zu überwinden, müsse Amerika aufhören, den militärisch-industriellen Komplex (MIC), die mächtigste Lobby in Washington, zu füttern. Seit dem Jahr 2000 habe der militärisch-industrielle Komplex die USA in katastrophale Kriege in Afghanistan, Irak, Syrien, Libyen und jetzt in der Ukraine geführt.

Kriegspolitik

Die jährlichen Militärausgaben der USA belaufen sich derzeit auf rund 900 Milliarden Dollar, was etwa 40 Prozent der weltweiten Gesamtausgaben entspricht und höher ist als die Ausgaben der nächsten zehn Länder zusammen. Die Militärausgaben der USA waren im Jahr 2022 dreimal so hoch wie die von China. Nach Angaben des Congressional Budget Office werden sich die Militärausgaben für den Zeitraum 2024 bis 2033 auf schwindelerregende 10,3 Billionen Dollar belaufen, wenn man von der derzeitigen Basis ausgeht. Ein Viertel oder mehr davon könnte – so Sachs – durch die Beendigung der von Amerika geführten Kriege, die Schließung vieler der rund 800 amerikanischen Militärstützpunkte in der ganzen Welt und die Aushandlung neuer Rüstungskontrollabkommen mit China und Russland vermieden werden.

Eine friedensorientierte Außenpolitik würde, so Sachs weiter, von der militärisch-industriellen Lobby vehement bekämpft werden, nicht aber von der Bevölkerung. Eine beträchtliche Mehrheit wünscht bereits weniger, nicht mehr, Einmischung der USA in die Angelegenheiten anderer Länder und weniger, nicht mehr, US-Truppeneinsätze in Übersee. In Bezug auf die Ukraine wünschen sich die Amerikaner mit überwältigender Mehrheit eher eine „kleine Rolle“, 52 Prozent, nur 26 Prozent eine „große Rolle“.

Die USA haben auch wichtige Rüstungskontrollabkommen einseitig aufgegeben. Im Jahr 2002 sind die USA einseitig aus dem Vertrag über den Schutz vor ballistischen Flugkörpern ausgestiegen. Und anstatt die nukleare Abrüstung zu fördern – wozu die USA und andere Atommächte gemäß Artikel VI des Atomwaffensperrvertrags verpflichtet sind – hat der militärisch-industrielle Komplex dem Kongress Pläne verkauft, bis 2030 mehr als 600 Milliarden Dollar für die „Modernisierung“ des US-Atomwaffenarsenals auszugeben. Und jetzt redet die MIC – so Sachs – die Aussicht auf einen Krieg mit China wegen Taiwan herbei – denn das heizt den Militärhaushalt weiter an.

Desaster der Neocons

Ron Paul, ein ehemaliger republikanischer Abgeordneter und Kritiker der US-Interventionen im Irak und der Ukraine, spricht von 100 Milliarden US-Dollar, die der Kongress zur Finanzierung des „Projekts Ukraine“ der Neokonservativen bewilligt hat. Er ist der Überzeugung, dass die Ukraine zum nächsten außenpolitischen Debakel in der Geschichte der USA werden wird – nachdem Hunderttausende auf beiden Seiten im Dienste des langjährigen Wunsches der US-Neocons nach einem „Regimewechsel“ in Russland getötet worden sind.

Das Scheitern des nächsten Projektes der Neocons werde die Biden-Administration nicht davon abhalten, noch mehr Geld von einem Amerika zu erpressen, das bereits am Rande des wirtschaftlichen Zusammenbruchs stehe. Man könne sich darauf verlassen, „dass der Kongress gutes Geld dem schlechten hinterherwirft. Schließlich haben uns 20 Jahre Kampf gegen die Taliban in Afghanistan … die Taliban in Afghanistan gebracht! Und das mit Kosten von vielleicht drei Billionen Dollar. Aber der militärisch-industrielle Komplex und die Denkfabriken, die den Krieg vorantreiben, und die Mainstream-Medien, die den Krieg verherrlichen, wurden alle gut bezahlt.“

Die Inlandsausgaben der Biden-Administration seien ein Schlachtfeld mit den Republikanern. Doch wenn es um die endlosen Ausgaben für das Projekt Ukraine geht, sind die beiden Parteien mit wenigen Ausnahmen einer Meinung. Zumindest wenn man sich die republikanische Parteiführung ansehe. Hier kann als Ausnahme der republikanische Präsidentschaftskandidat Ron DeSantis genannt werden, der sich ziemlich klar gegen die US-Intervention in der Ukraine ausgesprochen hat.

Budget und Ukraine

Laut Paul sind die Mainstream-Medien in Panik, weil von den Milliarden für die Ukraine nur noch sechs Milliarden Dollar übrig sind. Das werde nicht ausreichen, um das „Projekt Ukraine“ länger als ein paar Wochen aufrechtzuerhalten. Da sich die öffentliche Meinung in den USA mit überwältigender Mehrheit dagegen wende, noch mehr Geld in das schwarze Loch namens „Ukraine“ zu werfen, würden selbst prinzipienlose Politiker unter Druck geraten. Angesichts bevorstehender Wahlen, würden immer mehr das sinkende Schiff verlassen, wenn sich die öffentliche Stimmung in den USA gegen endlose Milliardenzahlungen an eine korrupte Ukraine wendet, während gleichzeitig der Dritte Weltkrieg droht. Prinzipientreue Konservative und Progressive würden das „Projekt Ukraine“ der Neokonservativen zu Fall bringen. In diesem Sinne seien die Budgetprobleme der Regierung eine gute Sache.

Bei Paul mag die Hoffnung der Vater des Gedankens sein. Und es ist gut möglich, dass es um die Schuldenobergrenze wieder eine Einigung „in letzter Sekunde“ geben wird. Und schließlich ist nicht auszuschließen, dass die Neocons, die Biden-Clique und der Militärisch-Industrielle Komplex mit dem Rücken zur Wand eine weitere Eskalation mit Russland oder China suchen.

Gleichzeitig gibt es aber auch in den US-Eliten relevante Kräfte, die eine solche Eskalation nicht wollen. Das reicht von der einflussreichen RAND Foundation über Elon Musk bis zu DeSantis und dem demokratischen Präsidentschaftskandidaten Robert Kennedy. Und vielleicht schwächt tatsächlich die Schuldenkrise die Regierung und deren Ukraine-Politik.

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