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Brics-Gruppe schreitet voran
Multipolare Weltordnung

Brics-Gruppe schreitet voran

Flaggen der Brics-Länder

Foto: Pixabay/www_slon_pics

Die Außenminister von Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika haben sich in Kapstadt getroffen, um die Brics-Tagung im August vorzubereiten. Die sich herausbildende multipolare Welt sollte nicht idealisiert werden.

Westliche Mainstream-Medien konzentrierten sich in der Berichterstattung stark darauf, wie Wladimir Putin trotz des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) an der Konferenz im August teilnehmen würde. Im Zentrum der Beratungen in Kapstadt standen aber wichtige Fragen: einerseits die Erweiterung der Brics-Gruppe, andererseits das Projekt einer gemeinsamen Währung. Die Brics vereinen schon bisher mehr als drei Milliarden Einwohner und damit etwa 41 Prozent der gesamten Weltbevölkerung. Sie erwirtschaften etwa ein Drittel des weltweiten Bruttoinlandsproduktes.

„Es ist unsere Vision und Hoffnung, dass die Brics in einer Welt, die von Wettbewerb, geopolitischen Spannungen, Ungleichheit und Unsicherheit zerrissen ist, eine globale Führungsrolle übernehmen“, erklärte die südafrikanische Außenministerin Naledi Pandor beim Treffen in Kapstadt. Die FAZ schrieb besorgt von einer „Kampfansage an Europa und die USA“. Der indische Außenminister Subrahmanyam Jaishankar sagte zum Auftakt des Treffens, die Brics-Staaten seien ein „Symbol des Wandels“, die Welt sei multipolar und „alte Vorgehensweisen können neue Situationen nicht lösen“.

An den Gesprächen in Kapstadt nahmen neben den Vertretern der Brics weitere 13 Außenminister anderer Staaten teil, zu denen unter anderem Kuba, Kongo, Iran, Kasachstan, Saudi-Arabien, Ägypten, Argentinien, Bangladesch und Indonesien gehörten. Laut dem russischen Außenminister Sergej Lawrow haben „mehr als ein Dutzend“ Staaten Interesse an einem Beitritt zu den Brics bekundet. Der chinesische Vize-Außenminister Ma Zhaoxu sagte, sein Land erwarte, dass sich weitere Staaten der „großen Familie“ der Brics anschlössen. Insbesondere Saudi-Arabien scheint auf einen raschen Beitritt zu drängen. Russland und China sollen dafür offen sein, Südafrika hingegen eher auf der Bremse stehen.

Gemeinsame Währung

Gleichzeitig arbeiten die Brics an einer gemeinsamen Währung. Es gab diesbezüglich in Kapstadt noch kein klares Ergebnis, aber die Verwendung alternativer Währungen war eines der wichtigsten Gesprächsthemen. Die Brics wollen „sicherstellen, dass wir nicht Opfer von Sanktionen werden, die sekundäre Auswirkungen auf Länder haben, die nicht in die Probleme verwickelt sind, die zu diesen einseitigen Sanktionen geführt haben“, erklärte Naledi Pandor nach dem Treffen gegenüber Reportern.

Die Brics-Staaten haben aktuell die Neue Entwicklungsbank (NDB) gebeten, eine Anleitung zu geben, wie eine mögliche neue gemeinsame Währung funktionieren könnte. Die NDB wurde von den Brics-Staaten 2014 als Alternative zu Weltbank und Internationalem Währungsfonds gegründet und dient vorrangig der Finanzierung von Entwicklungsprojekten und Infrastruktur innerhalb der Brics-Länder – etwa für die Neue Seidenstraße. Der Hauptsitz der NDB befindet sich in Shanghai, ihre Vorsitzende ist die ehemalige brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff. Im Gegensatz zur Weltbank, die sich nach den gehaltenen Anteilen orientiert, besitzt jeder Mitgliedsstaat der NDB eine einzige Stimme. Neben den bisherigen Brics-Staaten sind auch Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate bereits Mitglieder der NDB.

Die Errichtung einer gemeinsamen Währung dürfte bei derart unterschiedlichen Wirtschaftsräumen und Interessen nicht einfach werden. Der russische Finanzminister Anton Siluanow sagte, dass er die NDB nicht als Alternativwährung „sondern eher als eine Zahlungseinheit innerhalb der Brics-Länder bezeichnen würde”. Es ginge dann vorerst vorrangig um festere Währungsbeziehungen zwischen den Mitgliedsstaaten.

Alternative Brics?

Das Brics-Bündnis stellt eine ernste Herausforderung für die unipolare Weltordnung unter Vorherrschaft der USA dar. Nach deren ökonomischem Abstieg und ihrer Vasallen folgt nun schrittweise ein politischer Einflussverlust. Ein Großteil der Welt ist den westlichen Sanktionen gegen Russland nicht gefolgt. Der US-Dollar als ökonomisches und politisches Machtinstrument hat seit 2022 rasant an Bedeutung verloren.

Doch inwieweit sind die Brics eine positive Alternative zur Agenda des US-geführten Globalismus? Immerhin besteht in China ein autoritäres System, in dem digitale Überwachung und Social-Credit-Maßnahmen weit fortgeschritten sind. China und Russland arbeiten beide an digitalen Währungen, die weitere Gängelung der Bevölkerung erleichtern. China und Russland haben auch zweifelhafte Corona-Maßnahmen durchgeführt. Die chinesische Führung hat lange an den üblen Diskussionen des World Economic Forum (WEF) teilgenommen. Und die Brics-Staaten haben die Klima-Ideologie der herrschenden Klasse im Westen bislang mitgetragen.

Einige dieser Punkte können etwas relativiert werden. Die Corona-Repressalien wurden in China wie Russland unter der Befürchtung durchgeführt, Covid-19 könnte eine US-Biowaffe sein, die sich besonders gegen Chinesen und Slawen richtet. Zumindest in Russland wurden die Maßnahmen dann schnell wieder zurückgefahren. Weder China noch Russland haben die berüchtigte mRNA-Technologie ins Land gelassen.

Bezüglich der Klima-Agenda der Globalisten sind jedenfalls zwei Dinge anzumerken: Erstens dürfte China die diesbezügliche Ideologie nicht wirklich mittragen, aber wohlwollend dabei zuschauen, wie die grünen Fanatiker die Wirtschaft der EU gegen die Wand fahren und gerne vom Verkauf von Photovoltaik-Elementen profitieren, die überwiegend aus China kommen. Zweitens hat die russische Akademie der Wissenschaften im Mai 2023 erklärt, dass die Erderwärmung nicht vom Menschen verursacht ist. Es wird sich zeigen, ob Russland in der Folge aus diversen Klimaabkommen aussteigt.

Aber handelt es sich nicht bei China um ein ebenso imperialistisches Projekt wie bei den USA? Sind nicht die Brics ein ähnliches Vehikel für China wie die G7 für die USA? Dass China von Asien über Afrika bis nach Südamerika eigene Großmachtpolitik betreibt, ist offensichtlich. Dennoch ist die Dominanz Chinas in den Brics nicht dermaßen groß wie die der USA in den westlichen Strukturen. Aber eine multipolare oder auch bipolare Weltordnung kann für andere Staaten den Spielraum schaffen, sich einem Hegemon nicht völlig bedingungslos unterwerfen zu müssen. Man muss nicht die bürokratisch-diktatorische Sowjetunion idealisieren, um anzuerkennen, dass ihre Existenz vielen Staaten der Welt die Möglichkeit für eigenständigere Politik ermöglichte.

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