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Corona-Jokes mit viel Sprachwitz – Arnulf Rating so stürmisch wie eh und je
Politisches Kabarett

Corona-Jokes mit viel Sprachwitz – Arnulf Rating so stürmisch wie eh und je

Arnulf Rating auf der Bühne

Der Kabarettist Arnulf Rating ist mit seinem neuen Programm auf Tour. Es geht um den politisch-gesellschaftlichen Zirkus der Gegenwart – mit vielen Bezügen zur Corona- und Kriegspolitik der Bundesregierung.

Der Kabarettist Arnulf Rating ist ein Meister seines Fachs mit viel Erfahrung. Im Laufe seiner mehrere Jahrzehnte währenden Karriere hat er auf der Bühne viel erlebt, insbesondere im West-Berlin der 1980er Jahre, als der gebürtige Mülheimer mit dem Trio Die 3 Tornados für Furore sorgte. Ihre anarchistischen Auftritte waren Kult. Im Jahr 2023, in der Zeit von Cancel Culture und Konformismus müssen seine Jokes wohl wieder als anarchistisch bezeichnet werden, obwohl Rating ganz gewöhnliches Kabarett auf die Bühne bringt und lediglich Tabu-Themen wie Corona-, Klima- und Kriegspolitik satirisch gegen den Strich bürstet. Was früher als selbstverständlich galt, hat heute den Anstrich von Wagemut und Abweichlertum.

Rating ist sich jedenfalls treu geblieben. Das bewies er am Montagabend in dem Berliner Lokal Al Hamra, wo der 72-Jährige seine noch immer tobende Unbändigkeit gegenüber dem Politikbetrieb demonstrierte. Wie der einstige Tornado betrat er die Bühne und legte knapp zwei Stunden lang Gags wie Briketts nach, als gelte es, den Raum und mit ihm gleich den heutigen Zeitgeist abzufackeln. Dieser Gestus drückte sich insbesondere in den wiederkehrenden Besprechungen der Titel-Schlagzeilen diverser Tageszeitungen aus. Rating hielt sie als Stapel dem Publikum entgegen und arbeitete sie einzeln ab, um den Irrsinn medialer Berichterstattung humorvoll zu entlarven.

Bei diesen Einlagen zeigte der Kabarettist seinen außergewöhnlichen Esprit. Mit viel Sprachwitz und analytischer Schärfe zerlegte er den Empörungsmodus des Politikbetriebs sowie dessen Doppelmoral. Dass es darin wie in der Manege zugeht, darauf verweist bereits der Titel seines Programms: „Zirkus Berlin“. Was dort gerade aufgeführt wird, bringt besonders die Bildzeitung auf den Punkt, oftmals besser als der Kabarett-Betrieb selbst, wie Rating augenzwinkernd bemerkte. Die ersten Seiten des Boulevardblatts bieten bereits beste Unterhaltung. Der Zirkus spielt sich auf der Sprachoberfläche ab, sodass Rating ihn nur noch auf die Räume des Al Hamra auszudehnen brauchte. Dabei zeigte sich der Künstler als geistig sehr agil, indem er beispielsweise frische Ereignisse wie den Bühnen-Unfall Helene Fischers sofort mitverarbeitete. Ihr Nasenbluten sei in den Medien eine Berichterstattung wert. Die vielen Toten im Ukraine-Krieg interessierten hingegen niemanden.

Arnulf Rating beim Auftritt/Foto: Frank Vonda

Solcher Widersprüche nahm sich Rating genüsslich an. Er garnierte sie jedoch mit ungewöhnlichen thematischen Verbindungen. Besonders oft übertrug er die gesellschaftlichen Verhältnisse der Corona-Zeit auf die gegenwärtige Kriegspolitik. Seien während der „Pandemie“ alle „Epidemiologen“ gewesen, so avancierten heute alle zu Militärberatern. Mittlerweile habe man auch gemerkt, dass die Maske „nicht gegen den Russen“ helfe, dafür aber „dass der Krieg pandemisch“ werden könnte, so Rating, der hin und wieder auch einen Kalauer hineinstreute, ihn aber mit Routine und viel Geschick abfederte. Das Publikum war begeistert und befand sich in Hochstimmung, die gerade beim Thema Corona aufkam. Rating hat dazu überraschend viele Jokes ausgearbeitet, sogar ganze Figuren, in deren Rolle er schlüpfte. Zusätzlich dazu projizierte er über einen Beamer immer wieder witzige und verfremdete Bilder an die Wand, die im Zusammenspiel mit pointierten Überschriften für große Erheiterung sorgten.

Ratings neues Programm, das hat der Kabarettist im Berliner Al Hamra gezeigt, ist ein Parforceritt durch das Dickicht des gegenwärtigen gesellschaftspolitischen Wahnsinns. Vom Milgram-Experiment, der deutschen „Lockdown Edition“ des Spiels „Mensch ärgere dich nicht“ und Zigaretten-Warnhinweisen auf Panzern bis hin zur Eidesformel „Ich schwöre, am deutschen Volk zu verdienen, so wahr mir Geld helfe“, bietet seine Show alles, was einen Zirkus ausmacht. Ihn müssen alle erlebt haben, die die heutige Realität nicht komisch genug finden.

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