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Strafe für Kritik am Gendern mit einem Kunstwerk
Prozess gegen Paul Brandenburg

Strafe für Kritik am Gendern mit einem Kunstwerk

Dieses Genderherzchen ersetzte das beanstandete Kunstwerk.

Mit einem Urteil zu 30 Tagessätzen á 100 Euro endete am Donnerstag der Prozess gegen Paul Brandenburg wegen angeblichen Zeigens verfassungsfeindlicher Symbole. Die Verteidigung wird in Berufung gehen.

Der Arzt und Publizist Paul Brandenburg, der auch diese Online-Zeitung herausgibt, stand am Donnerstag in Berlin vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, auf seinem Telegram-Kanal verfassungsfeindliche Symbole gezeigt zu haben. Es ging um ein Kunstwerk des Berliner Künstlers Oliver Sperl, dessen Kunst auch schon in der taz veröffentlicht wurde.

Es handelte sich um eine Kritik an der Genderideologie: das Wort „Mitläufer“ in geänderter Form, also „Mitläufer*innen“. Aber anstelle des Sterns gibt es ein kleines Hakenkreuz. Titel des Kunstwerkes ist „Genderhakenkreuzchen“. Brandenburg hatte es am 28. August 2022 mit Sperls Genehmigung auf seinem Telegram-Kanal veröffentlicht. Es war etwa fünf Stunden online gewesen. Nach dem Anruf eines befreundeten Anwalts hat er das darin enthaltende Hakenkreuz in einer Art von Selbstzensur durch ein Herz ersetzt, wie er erklärte.

Zur Gerichtsverhandlung im Amtsgericht Tiergarten hatten sich etwa 50 Besucher eingefunden, darunter fünf Vertreter der Presse. Der für die Verhandlung vorgesehene Raum hatte nur 12 Plätze. Aber es gab noch ein anderes Problem. Von den fünf Pressevertretern wurde von der Sprecherin des Gerichtes nur einer akzeptiert. Alle anderen würden nicht über einen „bundeseinheitlichen Presseausweis“ verfügen, erklärte sie. Nur dieser wäre vom Gericht akzeptiert, so die Gerichtssprecherin, die gleichzeitig die einzige Maskenträgerin an diesem Tag war.

Prozessbeobachter warten vor dem Gerichtssaal
Prozessbeobachter und Journalisten warten vor dem zu kleinen Saal.
Foto: Malin Singh

Die Verhandlung wurde von der Richterin kurzfristig in einen größeren Saal mit 20 Plätzen verlegt. Kurz zuvor hatten die zahlreich anwesenden Justiz-Beamten noch behauptet, dass ein solcher nicht zur Verfügung stehen würde. Die für 13:30 Uhr angesetzte Verhandlung konnte um 14:05 Uhr beginnen.

Brandenburg, der von den Beamten einmal mit „Mandant“, dann wieder mit „Beschuldigter“ angesprochen wurde, wurde von der Anwältin Jessica Hamed vertreten. Sie forderte die Einstellung des Verfahrens. Ihrer Meinung nach hätte es niemals zu diesem Prozess kommen dürfen. Hamed verwies darauf, dass Brandenburg nicht vorbestraft sei, zum ersten Mal vor Gericht steht und darüber hinaus äußerst kooperativ ist. Des Weiteren stellte sie fest, dass sich Brandenburg immer und zu jeder Zeit von Faschismus und Totalitarismus jeglicher Art distanziert habe.

Unabhängig davon ist ihrer Ansicht nach das von Brandenburg veröffentlichte Kunstwerk durch die hierzulande geltende Kunstfreiheit gedeckt. Im Zweifelsfalle gelte auch hier „in dubio pro arte“ („Im Zweifel für die Kunst“), so Hamed.

„Nicht normenkonformer Lebenswandel“

Brandenburg war von einem 25-jährigen Berliner Polizeibeamten angezeigt worden, der als Zeuge geladen war. Obwohl er nach eigenen Angaben nur gelegentlich beruflich die Auftritte von Brandenburg verfolge, war ihm der Post mit dem Kunstwerk, der nur fünf Stunden online war, nicht entgangen.

Anwältin Hamed zitierte in ihrer Befragung des Beamten aus dessen Anzeige. Deren Fazit zeigte, dass es anscheinend um mehr als nur das Kunstwerk ging: „Die Exekutivmaßnahmen auf Grund des Verdachtes des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz haben nicht zu einer Deradikalisierung und einem normkonformen Lebenswandel beigetragen. Es ist eher Gegenteiliges der Fall und Herr Brandenburg wird innerhalb der Szene mit seinem Bericht über die Maßnahmen als Märtyrer gefeiert und konnte seine Reichweite steigern.” Die Formulierungen wären nicht direkt von ihm, aber er hätte sie übernommen und aufgeschrieben, erklärte der Beamte dazu.

Für die Staatsanwältin, die nur kurz sprach, war der Fall klar. Brandenburg habe sich nach Paragraf 86 Strafgesetzbuch (StGB) schuldig gemacht, der die Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole, in dem Fall das Hakenkreuz, unter Strafe stellt. Das veröffentlichte Kunstwerk sei nicht durch die Kunstfreiheit gedeckt. Vielmehr würde die Verwendung von Gendersprache mit der Nazidiktatur gleichgesetzt werden. Überhaupt handele es sich um eine Meinungsäußerung und nicht um Kunst. Als Strafe hielt sie 40 Tagessätze á 80 Euro für angemessen.

Kritik am Gendern als Verharmlosung des Faschismus?

Das sah Brandenburgs Anwältin anders und plädierte auf Freispruch und nicht mehr nur auf Einstellung des Verfahrens. Brandenburg durfte aus ihrer Sicht das Kunstwerk veröffentlichen, dessen Urheber bei diesem Prozess keine Rolle spielte. Dass es sich um ein Kunstwerk handele und nicht um eine Meinung, darauf deute auch der Titel „Genderhakenkreuzchen“ hin, betonte Hamed. Meinungen haben üblicherweise keinen Titel. Aber würde das die Richterin genauso sehen?

Um 15:35 Uhr war klar, dass die junge Richterin dies nicht so sah. Mit ihrem Urteil von 30 Tagessätzen á 100 Euro blieb sie zwar unter den geforderten 40 Tagessätzen der Staatsanwältin. Die Gesamtsumme hat sich dadurch aber nur marginal von 3.200 Euro auf 3.000 Euro reduziert. Dazu kommen die Kosten des Verfahrens, die Brandenburg tragen soll.

In ihrer Urteilsbegründung argumentierte die Richterin, dass es sich nicht nur um eine Kritik an der Gendersprache handeln würde. Da der Kontext ihrer Ansicht nach unpassend sei, würde der Nationalsozialismus verharmlost werden. Das von Brandenburg verwendete Kunstwerk sei nicht durch die Kunstfreiheit gedeckt, meinte die Richterin.

Brandenburg gab unmittelbar nach der Verhandlung an, dass er wohl Widerspruch gegen das Urteil einlegen werde. Auch damit nicht der falsche Eindruck zurückbleibt, er würde mit den Nazis liebäugeln. Er wolle sich noch mit seiner Anwältin beraten, bevor die Berufung eingereicht wird. Er dankte Hamed, aber auch seinen zahlreichen Unterstützern, mit denen er sich nach dem Prozess auf dem Bürgersteig vor dem Gerichtsgebäude austauschte.

Jessica Hamed und Paul Brandenburg verlassen das Gerichtsgebäude.
Foto: Anatole Schmidt

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